Zen vom Kopf auf die Füße gestellt
Huang-bo und das Mumonkan
Heft: | 03 | 2017 Wer bin ich? |
Verlag: | Windpferd Verlag |
Ort: | Oberstdorf |
Jahr: | 2016 |
ISBN: | 978-3-86410-133-5 |
Preis: | 19,95 € |
Seiten: | 272 |
Paperback | |
Rezension
„Der greise Zhao-zhou! Unruhe in den Chan-Klöstern zu stiften – noch im hohen Alter hört er nicht damit auf!“ Mit diesem Motto aus dem Koan 47 des Cong-rong-lu eröffnet Dietrich Roloff seine Übersetzungen von Texten des Chan-Meisters Huang-bo und der Koans des Wu-men-guan (Mumonkan), die in einem Band unter dem Titel Zen vom Kopf auf die Füße gestellt im mutigen Windpferd Verlag erschienen sind. Nah am Originaltext bleibend, sprachlich klar und mit verständlichen Erläuterungen, überzeugt Roloff im Vergleich mit anderen auf Deutsch vorliegenden Übertragungen dieser Klassiker auch deshalb, weil sich in den gut lesbaren Texten und den – mittels der Metapher der Phasen eines Sprunges – aufeinander bezugnehmenden vier Teilen des Buches auch die Erfahrung eines langjährigen Praktizierenden findet.
Überzeugend gelingt so die Zusammenschau des Werkes aus dem Jahr 857 (Teil I: Huang Bo „Anlauf nehmen …“) mit der Sammlung aus dem Jahr 1229 (Teil II: Wu-men-guan „Schwung holen …“). Roloff hebt auf die eigenständige, sowohl denkerische wie auch spirituelle Dynamik der Chan-/Zen-Meister ab. Teil III („Sprung“), der auf die Übersetzungen bezogene und beide vergleichende Teil, ist ein Lese- und Erkenntnisvergnügen, bei dem allmählich der scheinbar sichere Boden vorgeblich unverrückbarer Wahrheiten verloren geht und Schritt für Schritt mitvollziehbar wird, wie der Autor – dem Titel seines Buches folgend – den gerne mal zum Esoterischen neigenden Zen des Westens geschickt vom Kopf auf die Füße stellt.
Besonders herauszuheben ist, dass Roloff, persönlich der Tradition der Rinzai-shu verbunden, mit seinen gründlichen Erläuterungen auch für Praktizierende der Soto-Linie und anderer Traditionen den Zugang zu Koans öffnet. Dass Roloff sich nicht scheut, in einem abschließenden Teil IV („Ein längerer persönlicher Rückblick“) seine eigene Entwicklung zur Erfahrung des Erwachens „und darüber hinaus“ zu beschreiben, unterstreicht nicht nur seine unbedingte Redlichkeit, sondern bietet allen Interessierten einen Blick in die Abenteuer des Weges, auf den sich Chan-/Zen-Praktizierende begeben.
Wer sich auf dieses Abenteuer einlassen möchte, dem ist dieses Buch sehr zu empfehlen. Denjenigen, die bereits andere Ausgaben des Wu-men-guan (Mumonkan) besitzen, sei ein Textvergleich angeraten: Vieles unverständlich-geheimnisvolle Geschwurbel und Geraune klärt sich durch diese gelungene Übersetzung.