Dietrich Roloff

Zen – Der Duft Hunderter von Blumen

Das Shinjinmei des Seng-can / Sosan und die Lehrreden des Hong-zhi Zheng-jue / Wanshi Shogaku

Heft: 02 | 2020 Diversity
Verlag:Books on Demand
Ort:Norderstedt
Jahr:2019
ISBN:978-3-749461790
Preis:19,95 €
Seiten:316
Paperback

Rezension

Nach der Übersetzung von drei klassischen Koan-Sammlungen macht Dietrich Roloff nun zwei Texte der spirituellen Weltliteratur auf Deutsch zugänglich, das „Shinjinmei des Seng-can“ (Die Meißelschrift vom Glauben an den Geist) und die „Lehrreden des Hongzhi Zheng-jue“. Verkörpert das Erstere die geistigen Strömungen, die den Chan-Buddhismus in seiner Frühzeit bestimmt haben, so erweist sich Letzteres als Ausdruck seiner vollen Ausreifung. Diese beiden Lehrtexte werden bis heute im Zen/Chan – sogar grundlegend in der Soto-Tradition – zitiert, interpretiert und für die Praxis genutzt. Dietrich Roloff hat sie mit der sprachlichen Sorgfalt, für die er bekannt ist, und größtmöglicher Treue zum chinesischen Original neu übersetzt und mit soliden sprachkritischen Erläuterungen versehen. So ermöglicht er eine fundierte Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Gehalt der beiden Schriften.

Insgesamt wird an Roloffs neuestem Buch, dessen zwei zentrale Texte einen Zeitraum von 400 Jahren umspannen, deutlich, wie viel die Entwicklung des Chan/Zen dem anhaltenden denkerischen Ringen der Chan-Meister mit ihren buddhistischen und daoistischen Wurzeln verdankt. Das wird besonders im ersten Teil deutlich, der die Wandlung der allgemeinen Buddhanatur aller Dinge von der Deutung als „Geist“ und „Nicht-Geist“ bis hin zu derjenigen als reines „Nichts“ beschreibt. So erschließt sich, was Chan in der Zeit seiner Blüte einmal gewesen ist und wie weit es sich vom heutigen japanischen Zen unterscheidet. Darüber hinaus legen Roloffs sprachkritische Untersuchungen nahe, warum sich die geistige Welt des Chan einschließlich der des klassischen japanischen Zen nicht einfach auf die heutige Zeit übertragen lässt. Das fordert zu einer Klärung der Frage heraus, was Zen in der geistigen Situation der Gegenwart jenseits von Übertragungstraditionalismus noch anbieten kann und auch zu leisten imstande ist. Damit wird „Zen – Der Duft Hunderter von Blumen“ in jedem Fall eine lohnende Lektüre (nicht nur) für alle, die sich auf dem Zen-Weg befinden und sich für die Geschichte des Zen interessieren.

Eberhard Kügler

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