Sasaki Genso

Schnee tragen in die trockenen Brunnen des Tales

Ausgewählte Vorträge des Rinzai-Zen-Meisters Sasaki Genso Roshi

Heft: 01 | 2024 Zeit
Verlag:Angkor
Ort:Frankfurt
Jahr:2023
ISBN:978-3-98804-009-1
Preis:33 Euro
Seiten:394
Gebunden
 


Rezension

Als Sasaki Genso im Alter von 19 Jahren zum ersten Mal an einem fünftägigen Zen-Sesshin teilnahm, erlebte er nicht das erhoffte Paradies, sondern die Hölle: „Eine schreckliche Erfahrung“, gestand er Jahrzehnte später seinen deutschen Schülerinnen und Schülern. Dennoch blieb er dabei und trat der Laien-Zen-Gemeinschaft seines Lehrers Omori Sogen Roshi bei. An der Waseda-Universität in Tokio studierte er östliche und westliche Religionsphilosophie und lernte auch die deutsche Sprache.

Mit 42 Jahren reiste Sasaki Genso als Zen-Meister nach Deutschland und leitete im bayerischen Tannenhof sein erstes Retreat in Europa. Seitdem kam er bis zu seinem Tod vor vier Jahren jedes Jahr zweimal nach Deutschland und Österreich zu seiner deutschsprachigen Sangha.

Mit dem ansprechend gestalteten Buch „Schnee tragen in die trockenen Brunnen des Tales“ haben ihm seine Schülerinnen nun ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt: ausgewählte Vorträge (teishos) aus fast drei Jahrzehnten, illustriert mit zahlreichen Schwarzweißfotos und Kalligrafien auf fast
400 Seiten.

„Alles ist Kunst“, lautete Sasaki Gensos Motto. In der Drache-Wolke-Zendo trainierte er mit seinen Schülerinnen und Schülern nicht nur Zazen, sondern auch Kalligrafie, Schwertkampf und – als Rinzai-Meister – selbstverständlich Koans. Wie ist die Stimmung des Koan? Was bewegt die Menschen darin? Wo liegt der bebende Punkt ihrer Begegnung? Diese Fragen wollte er stets so gründlich erforschen, bis das Koan als aktuelles Drama in der Gegenwart aufschien. „Meine Aufgabe als Zen-Meister ist es, noch unmittelbareres, realeres, passenderes und anschaulicheres Dharma- Drama in Europa lebendig werden zu lassen“, so Genso in einem seiner Lehrvorträge.

Er habe sich immer als Laie gefühlt, erzählt er an anderer Stelle. Dreimal wurde er von seinem Roshi gebeten, Zen-Meister zu werden. Schließlich willigte er ein. Auch als „professioneller“ Meister glaubte er fest daran, dass die Laienpraxis lebendiger und wirkungsvoller sein könne als jene im Kloster.

Seine Teishos sind eine Schatztruhe voller Weisheit. Alle können darin etwas für sich finden: von humorvollen Sentenzen über Reflexionen zum Zusammenleben von Mann und Frau bis zu praktischen Hinweise zur Gehmeditation und tiefgründigen Erläuterungen zum Hannya-Shingyo, dem Herz-Sutra.

Michael Schornstheimer

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