Rigpa: Untersuchungsbericht über sexuelle und körperliche Gewalt liegt vor

28. September 2018

Ende 2017 hatte die buddhistische Gemeinschaft Rigpa das Anwaltsbüro Lewis Silkin beauftragt, die Vorwürfe massiver jahrzehntelanger sexueller und körperlicher Gewalt durch Sogyal Lakar und innerhalb der Gemeinschaft zu untersuchen. Der Bericht liegt nun in beeidigter Form auch in deutscher Übersetzung vor.

Sogyal Lakar | Foto: Olivier Riché, CC

In einem zusammenfassenden Statement schreibt Lewis Silkin:

„Nicht alle Vorwürfe gegen Sogyal Lakar werden bestätigt …, doch auf Grundlage der mir vorliegenden Aussagen gehe ich davon aus, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit … einige Schüler*innen Sogyal Lakars … ernsthaftem körperlichem, sexuellem und emotionalem Missbrauch durch ihn ausgesetzt waren, und … es Einzelpersonen in Leitungspositionen innerhalb von Rigpa gab, die sich zumindest einiger dieser Vorkommnisse bewusst waren und sie nicht thematisiert haben, wodurch andere gefährdet wurden.“

Rigpa hat inzwischen ein Online-Beschwerdeverfahren installiert und im Juni 2018 auch einen Verhaltenskodex verabschiedet, zu dem sich Rigpa als Organisation verpflichtet. Darin geht es um Standards, die innerhalb von Rigpa gelebt werden sollen. Durch den Verhaltenskodex verpflichten sich beispielsweise alle Lehrer/innen, Kursleiter/innen und Repräsentant/inn/en der Gemeinschaft unter anderem zur Gewaltfreiheit und dazu, „während einer Veranstaltung, eines Retreats, eines Kurses oder in jeglicher Situation, in der sie als Autoritätsperson auftreten, keine intime Beziehung mit einem*r Teilnehmer*in anzufangen“. 

Rigpa hat nahezu zeitgleich zudem ein ergänzendes zweites Dokument mit dem Titel „Gemeinsame Werte und Richtlinien der Rigpa-Gemeinschaft“ verabschiedet. Diese Richtlinien erläutern laut Rigpa den Verhaltenskodex und „geben insbesondere Menschen, die sich entschlossen haben dem buddhistischen Pfad zu folgen, weitere Unterstützung bei ihrem Training in buddhistischer Ethik.“

In diesem zweiten Dokument wird unterschieden wird zwischen dem, was  Kursleiter/innen zu beachten haben, und dem, was  Vajrayana- und Dzogchen-Meister/innen zu beachten haben. Für letztere gebe es, so heißt es darin, „Anforderungen und Verpfichtungen, die spezifsch mit den Tantras verbunden sind und vollständig auf Bodhichitta basieren, mit denen sie sehr vertraut sein müssen.“

Jede Verbindung zwischen Schüler/innen und Lehrer/innen sei einzigartig und beruhe auf gegenseitigem Einverständnis. Es liege in der Verantwortung der Lehrerin oder des Lehrers, seine Schülerinnen und Schüler auf die Meister-Schüler-Beziehung vorzubereiten. Wörtlich heißt es darin weiter: „Diese muss bewusst und aufgrund eines formellen Antrags der Schüler*in eingegangen werden. Schüler*innen müssen jedoch zuvor eine fundierte Grundlage des Studiums, der Praxis, der Untersuchung und der Kontemplation haben und mit erfahrenen Kursleiter*innen über den besonderen Charakter der Lehren sprechen sowie darüber, was es bedeutet, diese Ebene der spirituellen Führung zu betreten.“ Es sei im Rahmen dieser Beziehung allerdings sowohl für den Lernenden wie für den Lehrerenden „vollkommen angemessen, seine*ihre jeweiligen Grenzen zum Ausdruck zu bringen, und mit Unterstützung erfahrener Schüler*innen, Kursleiter*innen oder Lehrer*innen den*die Lehrer*in um Klärung zu bitten.“

Kritik im Netz

Kritische Blogger/innen im Netz kritisierten, dass ausgerechnet diejenigen, die für die sexuelle und körperliche Gewalt innerhalb der Gemeinschaft verantwortlich waren, durch dieses zweite Dokument in Zukunft spezifische ethische Richtlinien für sich in Anspruch nehmen können, die im Wesentlichen darauf beruhen, zuvor das informierte Einverständnis der Lernenden zu möglicherweise auch solchen Formen der Belehrung einzuholen. Innerhalb des Denk- und Lehrgebäudes von Rigpa ist ein solcher Umgang mit der Meister-Schüler-Beziehung jedoch angemessen und entspricht den buddhistischen Lehren, die für die Gemeinschaft maßgeblich sind.