Shunryu Suzuki

Zen-Geist – Anfänger-Geist

Unterweisungen in Zen-Meditation

Heft: 04 | 2024 unterwegs
Verlag:Arkana Verlag
Ort:München
Jahr:Neuauflage 2024
ISBN:978-3-442-34576-2
Preis:20 Euro
Seiten:160
Aus dem Englischen von Susanne Schaupp
Gebunden
 


Rezension

Unsere Körperhaltung beeinflusst unsere Geisteshaltung. Je gradliniger und stabiler die Haltung unseres Körpers beim Zazen, der japanischen Sitzmeditation, ist, desto gradliniger und stabiler kann auch unser Geist werden. Wie eng Körper und Geist miteinander verbunden sind, hat Shunryu Suzuki in „Zen-Geist – Anfänger-Geist“ beschrieben. Er lebte von 1904 bis 1971, gehörte dem Soto-Zen an, war einer der Ersten, die Zen in den Westen brachten, und lehrte viele Jahre in den USA. Sein Buch zählt zu den modernen Klassikern der Zen-Literatur, und erfreulicherweise hat der Arkana Verlag das Buch nun neu aufgelegt. 

Es ist kein Zufall, dass das erste Kapitel die Überschrift „Haltung“ trägt. Denn die meditative, körperlich-geistige Haltung beim Zazen gilt in den beiden großen Richtungen Rinzai- und Soto-Zen als Hauptpraxis. „Das Wichtigste beim Einnehmen der Zazen-Haltung ist“, schreibt der Autor, „die Wirbelsäule gerade zu halten. Eure Ohren und Schultern sollten auf einer Linie sein.“ Auch die Haltung des Kinns, des Zwerchfells sowie der Hände, die beim Sitzen ein „kosmisches Mudra“ bilden, sind klar geregelt. Ebenso die Rituale, die zum Zazen gehören: Verbeugungen, Lotussitz, das Gesicht zur Wand gerichtet. „Ihr solltet aufrecht sitzen, als würdet ihr den Himmel mit eurem Kopf stützen.“ Auch die Haltung des Geistes kommt hier ins Spiel: „Das hilft euch, euer körperliches und geistiges Gleichgewicht zu bewahren.“ Und: „Das Wichtigste ist, dass ihr euren physischen Körper in Besitz nehmt. Wenn ihr zusammensinkt, verliert ihr euer Selbst.“ Shunryu Suzuki erläutert, wie unser Denken und Leben in dualistischen Gegensätzen verhaftet ist und wie uns das daran hindert, zu erkennen, warum es in Wirklichkeit keine Dualität gibt. „Wasser und Wellen sind eins. Wenn ihr euren Geist auf diese Weise versteht, dann sind eure Gefühle sicher gegründet.“ 

In weiteren Kapiteln schreibt er unter anderem über das „Atmen“ oder „Das Mark des Zen“ und betont: „In der Zazen-Haltung haben euer Geist und euer Körper große Kraft, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind, ganz gleich, ob sie euch recht sind oder nicht.“ So etwas kann Trost in unterschiedlichen Lebenssituationen spenden. 

Zen ist weder eine Religion noch eine Philosophie, auch das arbeitet der Autor in seinem Buch heraus, sondern ein Übungs- und Erfahrungsweg. „Wenn jemand an eine besondere Religion glaubt, wird seine Haltung immer mehr die eines spitzen Winkels, der von ihm selbst weg weist. Auf unserem Weg ist die Spitze des Winkels immer auf uns selbst gerichtet.“ Wie dieser Weg bei Menschen, die Zazen geduldig üben, zu mehr innerer Ruhe, Gelassenheit, Geduld und Glück führen kann, erahnt man beim Lesen. Vielleicht geht es einem dabei ein bisschen so wie der Raupe, wenn sie zum Schmetterling wird. Wer das anspruchsvolle, liebevoll gestaltete Buch liest, findet eine Gelegenheit, sich auf diesen Prozess einzulassen. 

Ursula Reinsch

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