Nanavira Thera

Notizen zu Dhamma

Heft: 01 | 2022 Fürsorglich
Verlag:Path Press Publications
Ort:Vollezelle, Belgien
Jahr:2021
ISBN:978-9-460900-45-7
Preis:20,00 €
Seiten:176
Aus dem Englischen übersetzt von Mettiko Bhikkhu
Paperback

Rezension

Manchen Anhänger:innen des frühen Buddhismus gilt dieses erstmals 1963 in 250 hektografierten Exemplaren erschienene schmale Buch als das wichtigste Sekundärwerk überhaupt. Orthodoxe Theravadins taten es, entsetzt oder achselzuckend, als „buddhistische Untergrundliteratur“ ab. Die „Notizen zu Dhamma“ sind so etwas wie ein Mythos, und der rührt von der existenziell entschlossenen Haltung des englischen Mönchs Nanavira (1920–1965) angesichts des Dhamma her: „Nur in der vertikalen Betrachtung, geradewegs hinab in den Abgrund des eigenen persönlichen Daseins ist der Mensch fähig, die gefährliche Unsicherheit seiner Situation zu erfassen; und nur ein Mensch, der diese tatsächlich erfasst, ist bereit, der Buddhalehre zuzuhören.“

Von Nanavira als ein Vademecum, also zu intensiver, möglichst täglicher Konsultation gedacht, soll dieses buddhistische Handwörterbuch die existenzielle, nur in authentischer subjektiver Reflexion verständlich werdende Bedeutung wichtiger Pali-Begriffe erschließen helfen. Bei unserer „subjektiv interessierten“ (Kierkegaard) Arbeit an uns selbst müssten wir aber zunächst einigen „traditionellen begrifflichen Schutt“ aus unseren Köpfen räumen. Unter Kenner:innen besonders berühmt geworden ist die längste „Notiz zu Paticcasamuppada“, der bedingten Entstehung, im ersten Teil des Buches. Darin widerlegt Nanavira die seiner Ansicht nach falsche Drei-Leben-Interpretation des Theravada und zeigt in verblüffend schlüssiger Weise auf, wie ein angemessenes Verständnis bedingten Entstehens im Sinne des Buddha, nämlich als zeitlos, möglich werden kann.

Von der Existenzphilosophie und der Phänomenologie herkommend, kämpft Nanavira leidenschaftlich gegen ein verobjektivierendes Missverstehen der Lehre als einer quasi wissenschaftlichen Weltbeschreibung wie auch gegen eine Reduktion nur auf ihre mystische Seite. Einzig jener wahre Zuhörer des Buddha könne „die Dinge selbst“ (Husserl) sehen lernen und dadurch nibbana erreichen.

Anders als die erste deutsche Ausgabe von 2007 umfasst die neue Übersetzung nur die „Notizen zu Dhamma“ selbst und lässt Nanaviras umfangreiche Korrespondenz mit zahlreichen Briefpartnern weg. Dafür hat Mettiko Bhikkhu nun auch den besonders schwierigen vierten Teil der „Notizen zu Dhamma“ (Fundamentale Struktur) erstmals ins Deutsche übertragen. 56 Jahre nach Nanaviras Freitod können wir seine berühmt-berüchtigten „Notizen zu Dhamma“ nun also in ihrer letzten und vollständigen Fassung auf Deutsch lesen – in einer Aufmachung, die der englischen Originalausgabe von 1963 liebevoll nachempfunden ist.

Mathias Weber

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