Margrit Irgang

Leuchtende Stille

Auf der Suche nach dem achtsamen Leben

Heft: 01 | 2014 Wertschätzung
Verlag:Verlag Herder
Ort:Freiburg
Jahr:2013
ISBN:978-3-451-30732-4
Preis:16,99 €
Seiten:207
Halbleinen

Rezension

Die Spuren der Zen-Übung im Alltag finden – das war der Wunsch der Autorin Margrit Irgang, und sie begann, zwei Jahre lang ein Journal zu führen, um ihr tägliches Leben mit Zen-Augen zu betrachten. Das Ergebnis ist ein wunderbares Buch, das mich als Leserin weder belehren noch verbessern, noch mir Ratschläge geben will, wie ich glücklicher, achtsamer, erwachter oder sonst wie leben könnte. Für mich ein Juwel inmitten der zwischenzeitlich uferlos gewordenen Ratgeberliteratur auch oder gerade im Bereich Spiritualität. Die „Leuchtende Stille“, so der Titel dieses Buches, leuchtet nicht nur zwischen den Zeilen all der kleinen, feinen Beobachtungen zunächst oft ganz alltäglich erscheinender Dinge, die sich für mich durch den genauen, respektvollen Blick der Autorin in Offenbarungen für das Wunder des Lebens und Lebendigseins verwandeln. Sie leuchtet auch, inspiriert durch die Lektüre, so meine Erfahrung, verstärkt im eigenen Alltag auf und lässt ihn erstrahlen. Dabei sind es bei weitem nicht nur schöne, angenehme, leichte Dinge und Begegnungen, mit denen sich die Autorin befasst. So beschreibt sie Erfahrungen während zweier Aufenthalte in Polen, die sie sehr mit der deutschen Vergangenheit und damit auch ihrem Deutschsein konfrontieren und gleichzeitig tiefe Verbundenheit erleben lassen. Fast am Ende des Buches schlägt sie die Gründung einer neuen „Schule“ vor, die den Zusatz „Zen“ nicht mehr verwendet. Der Name dieser Schule wäre: Die Schule der brechenden Herzen. Ihr Meister, so sagt sie, ist der Schmerz. „Niemand darf sich aussuchen, wann und wo sein Herz brechen wird und wer oder was der Anlass dafür ist. Und doch sind die Anweisungen des Meisters ganz schlicht (wenn auch nicht einfach umzusetzen): ,Lass es zu!‘, sagt er sanft. ,Bl eib wach dabei, nimm alles wahr. Atme. Du wirst alles verstehen‘, sagt er leise, ,du wirst alles verstehen, wenn du es zulässt.‘“ Wie wunderbar tröstlich fand ich das und habe mich direkt zum Mitglied dieser Schule ernannt; wie tief dieses Zen doch ist, das unseren existenziellen Schmerz als Wesen, die ihrer selbst bewusst sind, ernst nimmt und nicht in 3 Schritten oder mit leichten Übungen oder 10 Tipps wegtherapieren will. In dieser Gemeinschaft fühle ich mich aufgehoben.

Anna Pesch

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