Lerne zu denken, was du denken willst
Ein Basisbuch für Zen-Training
Heft: | 04 | 2024 unterwegs |
Verlag: | Origo Verlag |
Ort: | Bern |
Jahr: | 2024 |
ISBN: | 978-3-282-00208-5 |
Preis: | 27,90 Euro |
Seiten: | 314 |
Aus dem Niederländischen von Michel Keil | |
Gebunden | |
Rezension
Zugegeben: Der Titel wirkt befremdlich: „Lerne zu denken, was du denken willst“ klingt so gar nicht nach Zen, sondern nach Mindset-Coaching und weckt Erinnerungen an Ratgeber aus der Abteilung „NLP – neurolinguistisches Programmieren“. Doch diese Skepsis verschwindet beim Lesen schnell. Nach einer kurzen Einführung in die historischen Wurzeln des Zen erläutert Autor Rients Rients Ritskes zunächst einige Probleme der Meditationspraxis, zum Beispiel hinderliche Gedanken- und Gefühlsströme. Zen ist für ihn der Königsweg, um die unverstellte Wirklichkeit wahrzunehmen und Illusionen zu erkennen und zu verarbeiten. Ritskes nennt sie „bubbles“, Blasen.
Sein Hauptanliegen ist, die Zen-Praxis zu entmystifizieren. Im Zentrum des Buches stehen daher geheimnisumwobene Begriffe wie Koan, Kensho und Erleuchtung. Dem Autor gelingt es, insbesondere die Arbeit mit den traditionellen Zen-Rätseln, also die Koan-Praxis, vom Kopf auf die Füße zu stellen. So rät er beispielsweise seinen Schülerinnen und Lesern, man solle – wenn man eine Antwort auf ein Koan gefunden habe – diese aufschreiben, durchstreichen und weitersuchen; denn eine Koan-Übung ende nie. Durch das Koan-Studium könnten wir die Fähigkeit und Freude entwickeln, weiterzusuchen, selbst wenn wir glaubten, die Lösung bereits gefunden zu haben. Für Rients Ritskes sind Koans eine Chance, den Geist von eingefahrenen Bahnen und Mustern zu befreien und ihn zu öffnen für Kreativität.
Kensho charakterisiert der Autor als ein kurzzeitiges Empfinden der glücklichen Heimkehr, also genau dort zu sein, wo man sein möchte: das Gefühl des „Nachhausekommens“, wie nach einer langen Reise. Erleuchtung beschreibt er nicht als plötzliche, bombastische Einsicht, die alles verändert, sondern als die Ruhe nach der Anspannung: „Jede Last, die von uns abfällt, bringt Erleuchtung. Erleuchtung ist so gesehen eher ein Prozess als ein Moment. Werde dir aller Lasten, die du mitschleifst, bewusst, lass sie von dir abgleiten, und du wirst kontinuierlich öfter und stärker Erleuchtung erfahren.“ Rients Ritskes bezeichnet sich selbst zwar nicht als Zen-Meister, aber doch als Zen-Lehrer, der in den Niederlanden mehr als vierzig Meditationszentren gegründet habe. An verschiedenen Stellen schimmert gelegentlich eine gewisse Eitelkeit durch, doch man verzeiht sie dem Autor gern. Rients Ritskes hat eine verständliche Einführung in die Zen-Praxis geschrieben; auch Fortgeschrittene können darin manchen frischen Blick auf die Praxis gewinnen.
Michael Schornstheimer