Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö
Die große Biografie und andere Geschichten
Heft: | 01 | 2019 Wachsen |
Verlag: | Manjughosha Edition |
Ort: | Berlin |
Jahr: | 2018 |
ISBN: | 978-3-945731-20-8 |
Preis: | 39,90 € |
Seiten: | 726 |
Hardcover | |
Rezension
Dieses Buch hat in vielerlei Hinsicht Seltenheitswert: Es ist sozusagen der Zusammenfluss scheinbar verschiedener großer Ströme zu einem unendlich weiten Meer, dem Khyentse-Meer. Der Protagonist Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö (1893–1959) war einer der Granden des tibetischen Buddhismus, ein Meister, vor dem sich alle anderen verneigten. Als Wiedergeburt von Jamyang Khyentse Wangpo verkörperte er dessen nicht sektiererische Tradition im Land des Schnees, Rime auf Tibetisch. Der Autor des Werkes ist Dilgo Khyentse Rinpoche (1910–1991), ebenfalls eine Wiedergeburt von Jamyang Khyentse Wangpo, ein ebenso mächtiger Strom wie Chökyi Lodrö. Zu Lebzeiten waren sie einander Meister und Schüler, und als der Ältere starb, ging er in den Jüngeren ein wie Wasser, das in Wasser fließt.
Dies ist die ausführliche Lebensgeschichte eines Vajrayana-Meisters, traditionell in äußere, innere und geheime Biografie eingeteilt. Auf Tibetisch wird eine solche Hagiografie namthar genannt, was „der befreit“ bedeutet. Dass wir die vielen Anekdoten und tiefen Einblicke in die Verwirklichung eines solchen Wesens überhaupt in einer westlichen Sprache lesen können, ist dem dritten Khyentse-Strom, dem aus Bhutan stammenden Dzongsar Jamyang Khyentse zu verdanken. Die Wiedergeburt von Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö und Herzschüler von Dilgo Khyentse Rinpoche sorgte nicht nur für die Übersetzung ins Englische (ebenfalls unter der Federführung hoher Lamas), sondern auch dafür, dass ein lebender Zeitzeuge des großen Meisters mit einem „Gedächtnis (…), das die Ausmaße eines Elefanten hat“, Orgyen Tobgyal Rinpoche, alle Geschichten und Anekdoten aufnahm und uns somit schenkte. Wem das noch nicht Anlass genug ist, das Buch zu verschlingen, der bekommt einen triftigen Grund vom Herausgeber persönlich: „Ein traditionelles Namthar stellt den gesamten Pfad bis zur Erleuchtung dar, und, da dieses Namthar von einem so außergewöhnlichen Meister geschrieben wurde, ist es tatsächlich möglich, Erleuchtung allein dadurch zu erlangen, dass man es liest.“ Und er fügt hinzu: „Im Vajrayana wird uns gelehrt, dass wir unseren Guru als einen Buddha betrachten sollten. Aber da keiner von uns jemals einen Buddha gesehen hat, wissen wir nicht, wie Buddha aussieht oder was Buddha überhaupt bedeutet. Und obwohl es stimmt, dass uns durch die Praxis am Ende die wahre Bedeutung von Guru klar wird, sind die meisten von uns zu ungeduldig, um so lange zu warten. Was können wir also in der Zwischenzeit tun? Diesen Namthar lesen.“
Ricarda Maya Solm