Vaddey Ratner

Im Schatten des Banyanbaums

Roman

Heft: 02 | 2018 Freiheit
Verlag:Unionsverlag
Ort:Zürich
Jahr:2016
ISBN:978-3-293-20724-0
Preis:14,95 €
Seiten:384
Paperback

Rezension

In allem Grauen und Schrecken immer noch Schönheit und Güte sehen: So könnte man diesen besonderen Entwicklungsroman zusammenfassen. Das Buch erzählt die Geschichte einer kambodschanischen Adelsfamilie während der Herrschaft der Roten Khmer (1975–1979). Die Familie wird 1975 mit Hunderttausenden anderen Familien aus Phnom Penh aufs Land deportiert, um dort in der Landwirtschaft zwecks Umerziehung unter primitivsten Verhältnissen zu arbeiten. Die Schulen werden geschlossen, Intellektuelle und Künstler ermordet, das Geld abgeschafft, es gibt nichts zu essen und keine Kleidung, Familien werden auseinandergerissen und willkürliche Tötungen sind an der Tagesordnung. Die Roten Khmer heißen „Angka“, „die Organisation“, die allmächtig ist und über das Leben jedes Einzelnen willkürlich verfügt. Vaddey Ratner beschreibt in diesem Roman ihre eigene Kindheit: wie sie, aus einer Dichter- und Künstlerfamilie stammend und bis dahin in behüteten Verhältnissen aufgewachsen, in der Brutalität des Terrors der Roten Khmer schneller und schneller erwachsen werden muss. Trotz aller Grausamkeiten gibt es immer wieder auch die Poesie des Augenblicks, die Großzügigkeit einfacher Menschen – und einfach die Hoffnung zu leben. Ein großer und wichtiger zeitgeschichtlicher Roman, der von der sadistischen Gewalt säkularer Fanatiker erzählt – sie brachten in diesen vier Jahren ein Viertel der Bevölkerung um –, zugleich aber auch von den Ressourcen und Möglichkeiten, die wie Samen in den Menschen stecken und gerade in Zeiten absoluten Terrors aufgehen können.

Dr. Ursula Baatz

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