Jon Kabat-Zinn

Im Alltag Ruhe finden

Meditationen für ein gelassenes Leben

Heft: 01 | 2020 Frauen
Verlag:Droemer Knaur Verlag
Ort:München
Jahr:2019
ISBN:978-3-426-87866-8
Preis:10,99 €
Seiten:240
Übersetzt von Hildegard Höhr und Theo Kierdorf
Paperback

Rezension

Jon Kabat-Zinn begann bereits in den 70er-Jahren, die Achtsamkeitsmeditation als Heilmethode anzuwenden, was damals als ziemliche Spinnerei angesehen wurde. Heute ist er nicht nur eine Kapazität in diesem Fach, er ist auch ein viel gelesener und konsultierter Meditationslehrer. Die meisten seiner Schülerinnen und Schüler sind (ehemalige) Patienten. Doch auch Menschen, die selbst schon lange eine buddhistische Praxis pflegen, profitieren immer wieder von seinen Büchern und Seminaren. Denn Jon Kabat-Zinn bindet stets den Alltag, die Sehnsüchte und Schwächen, das große und das ganz banale Leid von Menschen in seine Belehrungen ein. So auch in diesem Buch, das bereits 1998 erschienen ist und nun erfreulicherweise wieder aufgelegt wurde.

Die Methode, die Jon Kabat-Zinn lehrt, ist die „Stressreduktion durch Achtsamkeit“. Sie besteht darin, dass die Patientinnen und Patienten der von ihm gegründeten Stress Reduction Clinic, aber auch unzählige andere Menschen sich in Achtsamkeitsmeditation üben, erst unter Anleitung, dann in ihrem normalen Alltag. Es gibt zahlreiche Studien, die den positiven Effekt dieser Methode bestätigen. Was nicht immer heißt, dass die Patientinnen und Patienten wieder (vollständig) gesund werden. Aber sie lernen sich und ihre Krankheit oder andere Probleme kennen und schließlich akzeptieren. Das bedeutet, so Kabat-Zinn, auch ganz wesentlich, dass sie lernen, „mehr Verantwortung für ihr Leben, ihren Körper und ihre Gesundheit zu übernehmen“.

Wer allerdings in der Hoffnung meditiert, dadurch zu einem selbstbewussten, erfolgreichen Menschen zu werden und Herausforderungen besser begegnen zu können, den warnt Jon Kabat-Zinn, er werde notgedrungen enttäuscht werden. Und auch wer denkt, er müsse nur nach Asien reisen oder sich einen besseren Meditationskurs oder eine prominentere Lehrerin, einen prominenten Lehrer suchen, wird scheitern. Denn: „Nichts von alldem ist dem Wachstum förderlich, solange Sie nicht völlig der gegenwärtigen Situation ins Auge geschaut haben.“

Jon Kabat-Zinn kommt in diesem Buch immer wieder darauf zurück, was Achtsamkeitsmeditation nicht ist: zum Beispiel keine Variante von Flucht. Und auch kein geistiges Muskeltraining. Er warnt – bereits seit den 90er-Jahren – vor dem Fehlglauben und der Sehnsucht, dass Erleuchtung und damit eine Befreiung von allem Leiden in einer überschaubaren Zeit möglich wäre, wenn man nur den idealen Lehrer fände und sich ihm vollständig unterwürfe. Und selbst die beste Lehrerin oder der beste Lehrer könne eben nur lehren. Die eigentliche Arbeit müsse man schon selbst leisten.

Ingrid Strobl

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