Dzongsar Jamyang Khyentse Rinpoche

Gift ist Medizin

Erklärungen zum Vajrayana

Heft: 03 | 2022 Heimat
Verlag:Manjughosha Edition
Ort:Berlin
Jahr:2022
Preis:Spende
Seiten:272
Aus dem Englischen übersetzt von Maya Solms
Nur als PDF erhältlich

Rezension

Chögyam Trungpa hat einmal geschrieben, das Vajrayana sei deshalb eine so überaus wirksame Methode, weil sie mit der Verwirrung der Menschen in Kontakt trete. Genauso kann man Dzongsar Khyentse Rinpoches neues Buch „Gift ist Medizin – Erklärungen zum Vajrayana“ zusammenfassen. Dem Autor gelingt es, seine Leser:innen dort abzuholen, wo sich manche von ihnen sicher befinden: mitten im Mainstream der rationalen Vernunft, in der sich der Westen eingerichtet hat und auf die Dzongsar Khyentse immer wieder Bezug nimmt, mit ihrer Suche nach einem Ausweg aus dem Gefängnis, das sie sich selbst errichtet haben. In klaren und verständlichen Worten, die von der Übersetzerin hervorragend ins Deutsche übertragen worden sind, erklärt Dzongsar Khyentse uns, was das Besondere am Vajrayana ist, und schafft es auf erstaunlich leichte, beinahe beschwingte Weise, die emotionale Hürde für eine Akzeptanz seiner Ausführungen zu senken. Dabei lässt er Bemerkungen fallen, die es in sich haben, etwa, wenn er feststellt, das Vajrayana weigere sich, eine Lücke zwischen der Lösung und dem Problem zu sehen, weil es das Problem als Lösung verwende. Oder wenn er einen Test mit den Leser:innen macht, damit diese an sich selbst erforschen können, ob das Vajrayana für sie überhaupt das Richtige ist, indem er sie fragt: „Akzeptieren Sie, dass Empirie subjektiv ist?“ Solche Sätze zielen ins Herz unserer rationalen Vernunft, die sich in einem System eingerichtet hat, das aus lauter dualistischen Unterscheidungen besteht, die allein dem Zweck dienen, uns in Sicherheit zu wiegen. Es ist faszinierend und verführerisch, wie Dzongsar Khyentse so klar und eingängig schreibt, während er uns den Boden unter den Fusen wegzieht.

Natürlich ist im Vajrayana die Guru-Schüler-Beziehung ein großes Thema, da, wie der Autor zum wiederholten Mal und in Einklang mit allen tantrischen Linien erklärt, der äußere Guru die notwendige Brücke zu unserem inneren Guru darstellt. Die Methoden des Vajrayana gründen auf dieser besonderen Beziehung. Doch wie bereits in seinem Buch „Der Guru trinkt Schnaps?“ dargelegt wird, bedarf es in unserer politisch korrekten und eher misstrauischen Gegenwart vieler Erklärungen hinsichtlich dieser Besonderheit des tantrischen Buddhismus, und Dzongsar Khyentse verfugt glücklicherweise über die Ausdauer, die Geduld und die geschickten Mittel, sie uns wieder und wieder zu geben. Ein hervorragendes Buch, das der Autor zwar nach eigener Aussage für Vajrayana-Praktizierende geschrieben hat, das sich jedoch für alle eignet, die neugierig sind – auf diesen Weg und auf diesen Lehrer.

Steven Uhly

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