Erleuchtung für Skeptiker
Die 8-Stufen-Meditation für innere Zufriedenheit und einen glücklichen Geist
Heft: | 04 | 2024 unterwegs |
Verlag: | Anaconda Verlag |
Ort: | München |
Jahr: | 2024 |
ISBN: | 978-3-7306-1355-9 |
Preis: | 9,95 Euro |
Seiten: | 288 |
Aus dem Englischen von Matthias Schulz | |
Kartoniert | |
Rezension
Der Titel des vorliegenden Buches klingt zunächst herausfordernd, scheint er doch sowohl einen zufriedenen und glücklichen Geist als auch Erleuchtung zu versprechen. Analog zum Buchtitel wird sich da wohl bei vielen Buddhistinnen und Buddhisten sogleich eine skeptische Stimme mit der Frage melden, ob es sich dabei nicht eher um psychologische Selbsthilfe oder ein spirituelles Wellnessprogramm handelt als um eine ernsthafte Erörterung des Erwachsens. Doch das Vorwort des Dalai Lama und die fundierten Literaturempfehlungen belehren die Leserin oder den Leser schnell eines Besseren. Unter dem Begriff der 8-Stufen-Meditation wird hier die traditionelle buddhistische Methode der analytischen Meditation auf der Basis des tibetischen Lamrim-Texts dargestellt. Scott Snibbe, ein erfahrener westlichen Meditationslehrer aus der Gelug-Tradition, möchte Grundlagen und Methoden des buddhistischen Weges in einem säkularen Kontext vermitteln. Seine Sprache ist leicht und teilweise vergnüglich zu lesen, ohne dass die aufgeworfenen Themen und Fragestellungen dabei an Komplexität und Tiefe verlieren.
Verglichen mit der weit verbreiteten Achtsamkeitspraxis, die vor allem der Beruhigung des Geistes dient, ist die analytische Meditation des tibetischen Buddhismus eine im Westen weniger bekannte Methode. Durch die intensive kontemplative Beschäftigung mit Fragen und Übungen soll der Geist aktiv zur Entwicklung heilsamer Eigenschaften wie Freundlichkeit, Mitgefühl, Großzügigkeit und Dankbarkeit angeleitet werden. Diese Zielrichtung der Praxis könnte man im weitesten Sinn auch als psychotherapeutisch bezeichnen, passend zum Schlagwort „glücklicher Geist“ im Titel dieses Buches. Doch der traditionelle Lamrim-Text und die im Buch vorgestellten Meditationen reichen in ihrer Zielsetzung viel weiter. Es geht dabei um nicht weniger als die Erkenntnis der wahren Natur der Dinge, des bedingten Entstehens und der Leerheit. Nur das Erkennen und unmittelbare Erfahren der letztendlichen Wirklichkeit kann aus buddhistischer Sicht Leiden wirklich beenden.
Kostbarkeit des Lebens, Vergänglichkeit, Ursache–Wirkung, Zuflucht, Ursachen des Leidens, Entsagung, Mitgefühl, wechselseitige Abhängigkeit – jeder der 8 Meditationen und ihrem jeweiligen Thema widmet der Autor ein ganzes Kapitel und fügt auch immer eine geleitete Meditation bei. Dabei verzichtet Scott Snibbe auf religiöse Dogmen und setzt keinerlei Glaubensüberzeugungen voraus, sondern regt durch alltagsnahe Fragen dazu an, eigene Erfahrungen zu machen.
So bietet das Buch eine Fülle von Anregungen, um heilsame Eigenschaften zu entwickeln, und gibt wertvolle Hilfestellung, um mit schwierigen Gefühlen und Situationen umzugehen. Darüber hinaus vermittelt es auf leicht zugängliche Weise Grundlagen buddhistischer Philosophie und Praxis; es ist ein Gewinn, dass eine solche Darstellung analytischer Meditationen nun einer größeren Öffentlichkeit zugänglich wird. Um es im Sinne des Lamrim zur Geistesschulung und als Stufenweg zur Erleuchtung nutzen zu können, bedarf es aber auch einer persönlichen Unterweisung durch eine qualifizierte Lehrperson.
Monika Amler