Eva Lüdi Kong

Die Reise in den Westen

Ein klassischer chinesischer Roman

Heft: 02 | 2020 Diversity
Verlag:Reclam Verlag
Ort:Ditzingen
Jahr:2016
ISBN:978-3-15-011224-3
Preis:44,00 €
Seiten:1320
Übersetzt und kommentiert von Eva Lüdi Kong
Hardcover
 


Rezension

Den Affenkönig Sun Wukong kennt in Asien jedes Kind. Geboren wurde er, als sich ein himmlischer Stein von der Wahrheit des Himmels, der Schönheit der Erde, der Kraft der Sonne und dem Glanz des Mondes befruchten ließ. Lange herrscht er auf dem Blumen-Früchte-Berg, gibt sich seinem Vergnügen hin, das aus Prügeleien,

Fressen und Saufen besteht, bringt den Jadekaiser gegen sich auf und verärgert sogar Laozi. Nur Buddha höchstpersönlich kann ihn bändigen. Nach 500 Jahren wird er freigelassen: Er soll auf Tripitaka aufpassen, der buddhistische Schriften nach China holen soll, ein humorloser Miesepeter und Angsthase, der Alkohol und Sex nicht mag und ständig von Dämonen bedroht wird. Der Affenkönig dagegen ist witzig, obszön, fantasievoll, hat ein großes Herz und kennt keine Angst. Ein Chaot. Vierzehn Jahre lang reisen die beiden Richtung Westen, zum Buddha, der im Tempel des Donnergrollens auf dem Seelenberg lebt. Die Schriftrollen, die sie bekommen, sind dann leer: „Eigentlich sind leere Schriften die ,Wahre Schrift ohne Worte‘, das ist auch sehr gut“, sagt Buddha.

Die grotesken und turbulenten Abenteuer dieses ungleichen Paars erzählt einer der Klassiker der chinesischen Literatur, „Die Reise in den Westen“. Erst 2016 wurde er vollständig ins Deutsche übersetzt, jetzt ist er in zwei Ausgaben erhältlich. Es ist ein großartiges Werk von unerschöpflichem Einfallsreichtum, mit brutalen Kämpfen („Schon sauste ein Hieb auf seinen Schädel, dass die Gehirnmasse nur so spritzte und die Zähne zersplitterten“) und Menschenfleisch („so lange gesotten, dass es ganz dunkel war und aussah wie weiche Teigbällchen, dazu gedünstetes Menschenhirn, wie Tofu in Stücke geschnitten“), mit Magie und Verfolgungsjagden. Aber der Roman ist auch voller buddhistischer und daoistischer Lehren und politischer Satire. Wenn man sie nicht alle gleicherkennt, kann man in den wunderbaren, kurzen und doch umfassenden Kommentaren der Übersetzerin nachlesen, was die Anspielungen bedeuten.

Georg Patzer

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