Die Legenden der 84 Mahasiddhas
Die Leben der Meister des Tantra
Heft: | | 2023 Umgang mit Sexualität |
Verlag: | edition khordong |
Ort: | Berlin |
Jahr: | 2023 |
ISBN: | 978-3-942380-35-5 |
Preis: | 30 € |
Seiten: | 262 |
Eingeleitet von Keith Bowman und von ihm und Bhaga Tulku Puma Tenzin aus dem Tibetischen übersetzt | |
Kartoniert, mit 30 farbigen und 33 schwarz-weißen ganzseitigen Illustrationen | |
Rezension
Abhayadattas „84 Legenden der Mahasiddhas“ ist ein Klassiker der Tantraliteratur. Das vorliegende Buch ist eine Neuauflage der deutschen Erstausgabe des Basler Sphinx Verlages von 1988. Zusammengestellt, eingeleitet und übersetzt hat die Legenden Keith Dowman. Er ist ein bekannter Experte des tibetischen Buddhismus und hat schon viele Bücher zum Thema verfasst. In diesem Meisterwerk wurden 54 Geschichten ausgewählt und mit Thangkas – zur Meditation verwendeten Rollbildern – der Mahasiddhas von Robert Beer wunderschön illustriert.
Abhayadatta war ein indischer Mönch, der im 12. Jahrhundert diese Geschichten zusammengetragen und aufgeschrieben hat. Die 84 Mahasiddhas gelten als Begründerinnen und Begründer der tibetischen Mahamudra-Tradition und repräsentieren all jene Menschen, die innerhalb eines einzigen Lebens die direkte Verwirklichung der Lehren des Buddha erlangt haben. Die vielleicht bekanntesten dieser Meisterinnen und Meister des Tantra waren Tilopa, Naropa und Shantideva.
Erzählt werden ihre Lebensgeschichten, von denen jede mit der Unzufriedenheit im Daseinskreislauf beginnt und an- schließend die Suche nach einem geeigneten spirituellen Lehrer beschreibt. Die persönliche Begegnung mit ihm wird dann zu einem Wendepunkt im Leben der jeweiligen Person. Der oder die Schülerin erwirbt allmählich – manche auch sofort – großes Vertrauen, erhält vom Lehrer eine Ausbildung, setzt sich in hohem Maße für ihn ein, praktiziert die rituellen Meditationen, sadhana, entwickelt spirituelle Fähigkeiten und erreicht schließlich Erleuchtung.
Das Schöne an diesen Geschichten ist, dass die Mahasiddhas Leute aus dem Volk waren – Weber, Schuster, Töpfer, Vogelfänger, Ehefrauen, Prostituierte. Ja, auch Frauen wurden zu Siddhas aus- gebildet, wie Lakshminkara, „die wahnsinnige Prinzessin“, oder Manibhadra, „die ideale Gattin“. Siddhis sind außergewöhnliche, übernatürliche Fähigkeiten, die diese Praktizierenden entwickelten, wie Fliegen, Hellsehen oder Gedankenlesen. Die höchste Siddhi ist, Erleuchtung zu erlangen, was all diesen Meisterinnen und Meistern gelungen ist.
Die Geschichten wurden in einer einfachen Sprache gehalten, die sie für alle verständlich macht. Durch die bildliche Sprache in Verbindung mit den ausdrucksstarken Thangkas können wir als Lesende fast den Eindruck gewinnen, die beschriebenen Personen würden real vor unseren Augen erscheinen. Die Lektüre lässt uns vergegenwärtigen, dass auch wir die Befreiung erlangen können, sofern wir uns bemühen und die Lehren des Buddha praktizieren.
Der Übersetzer aus dem Tibetischen, Keith Dowman, beschäftigt sich schon seit den 1960er Jahren mit östlichen Traditi- onen, hat viele Jahre in Indien und Nepal gelebt und bei bekannten Lehrern der tibetischen Tradition, wie Dudjom Jigdral Yeshe Dorje und Kangyur Rinpoche studiert. Zurzeit lebt er in Tepoztlán, Mexiko und veröffentlicht regelmäßig Bücher. Robert Beer wurde 1947 in Cardiff, Wales geboren. Durch traumatische Ereignisse in seiner Jugend wurde seine Kundalini erweckt und dadurch seine kreative Energie gesteigert. Er reiste nach Indien und Nepal, wo er von Khamtrul Rinpoche, einem der größten tibetischen Thangka- Maler seiner Zeit, geschult wurde. Dieses Buch bietet einen gelungenen Einblick in einen Klassiker der Tantraliteratur und kann zur Festigung der eigenen Praxis inspirieren.
Gerhard Haberhauer