James Crowden

Der gefrorene Fluss

Das berauschende Glück der Stille - Ein Winter im Himalaja

Heft: 01 | 2022 Fürsorglich
Verlag:Arkana Verlag
Ort:München
Jahr:2021
ISBN:978-3-442-34275-4
Preis:22,00 €
Seiten:412
Aus dem Englischen übersetzt von Elisabeth Liebl
Hardcover mit Schutzumschlag

Rezension

Auf der Suche nach Abenteuer und Abgeschiedenheit begibt sich James Crowden im Jahr 1976 als einer der ersten Westler nach Zanskar, einem abgelegenen Hochtal im westlichen Himalaja im Norden Indiens. Als Teil von Ladakh, das auch „Klein-Tibet“ genannt wird, sind auch in Zanskar die tibetische Kultur und Religion noch lebendig. James Crowden verbringt dort im Winter drei Monate in einer schlichten Unterkunft, teilt mit den Zanskari deren entbehrungsreiche Existenz und taucht tief in das Dorfleben mit seinen Festen und Ritualen ein.

„Man lernt von Bergen, von Schnee und Eis, von Klöstern und Mönchen, von Dorfbewohnern und der Standhaftigkeit ihrer Tiere. In großer Höhe lernt man viel über Mitgefühl. Man lernt von gefrorenen Flüssen und kristallisierten Wasserfällen, vom inneren Geist der Landschaft. Absolute Stille. Die Zanskari, so voller Frieden und Zuversicht, lehren uns Demut. Man hofft, nur ein bisschen von ihrer inneren Stärke mitnehmen zu können, um das eigene Leben in die richtige Richtung zu lenken. Sie nehmen vom Land nur das, was sie brauchen, nicht mehr.“

Der Autor beschreibt sehr eindrücklich und lebendig den Alltag im Dorf und in einigen Klöstern, die kleinen und großen Feste und Rituale, den ganz praktisch gelebten tibetischen Buddhismus, der alle Lebensbereiche durchdringt, und porträtiert dabei einzelne Menschen. Zur Zeit seiner Reise gibt es noch keine Straße nach Zanskar und entsprechend abenteuerlich gestaltet sie sich. Mit einigen Dorfbewohnern begibt er sich auf eine Wanderung über den gefrorenen Fluss Chadar nach Leh, die Hauptstadt von Ladakh – eine noch extremere Herausforderung. Nur langsam und höchst aufmerksam, wie in einer Gehmeditation, bewegen sie sich vorwärts, denn ein einziger Fehltritt könnte sie das Leben kosten. Als einer der Reisegefährten ins Eis einbricht und samt Rucksack in den Fluss fällt, kann er gerade noch aus dem Eiswasser gezogen werden. Trotz all der Härte, so beschreibt es der Autor, verlieren die Zanskari nie den Mut oder ihre gute Laune.

Der Reisebericht schildert fesselnd und inspirierend eine untergegangene Welt. Seit damals ist James Crowden immer wieder in jene Gegend gereist und hat gesehen, wie sich alles in Zanskar verändert hat: durch Straßenbau, Tourismus und nicht zuletzt die massive Bedrohung der globalen Erwärmung.

Traudel Reiß

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