Das allumfassende Netz der Ansichten
Einführung in das Brahmajala Sutta mit einer Neuübersetzung des ersten Suttas der Längeren Sammlung des Pali-Kanons
Heft: | 01 | 2019 Wachsen |
Verlag: | Theravada-Netz |
Ort: | Luhden |
Jahr: | 2018 |
Preis: | Spende |
Seiten: | 160 |
Paperback | |
Bestellung auf Website: | https://www.theravadanetz.de/ |
Rezension
In dem Buch Das allumfassende Netz der Ansichten ist eine neue deutsche Übersetzung der ersten Lehrrede der Längeren Sammlung (D 1) von Thomas Trätow enthalten. Diese Lehrrede gilt als eine der grundlegenden und wichtigsten Reden des ganzen Pali-Kanons. In ihr erläutert der Buddha ausführlich 62 falsche Ansichten über das Selbst, die im alten Indien kursierten. In seiner umfangreichen Einführung, die mehr als die Hälfte des Buches umfasst und von Wolfgang Neufing aus dem Englischen übersetzt wurde, gibt Bhikkhu Bodhi einen hilfreichen Überblick über die recht komplexe Struktur dieser langen Lehrrede. Er erlaubt sich, die These des Buddha zu hinterfragen, dass die behandelten 62 „Irrlehren“ wirklich alle grundsätzlich möglichen falschen Ansichten zur Existenz darstellten. Anhand der Kommentarliteratur des Theravada erläutert er viele Einzelheiten und Hintergründe jener falschen Lehren und stellt ihnen die Lehre des Buddha gegenüber. Es bleibt nach Bhikkhu Bodhi offen, ob der Buddha seinem Anspruch auf eine erschöpfende Entlarvung aller möglichen falschen Ansichten gerecht wird. Dessen ungeachtet beeindruckt diese Lehrrede durch ihre universelle Perspektive und besticht mit konkreten und humorvollen Beschreibungen der „Irrlehren“.
Wertvoll sind einige Präzisierungen der neuen Übersetzung gegenüber der verbreiteten von Karl Eugen Neumann. So macht Trätow beispielsweise die der „Aalwindungslehre“ zugrunde liegende Metapher erst verständlich, wenn er sie die „aalglatte Lehre“ nennt, deren Gurus „mit Worten, die nicht fassbar sind, glatt wie ein Aal“ auf Fragen antworteten. Besonders erfreulich ist ferner, dass Trätow stellenweise semantische Fehldeutungen Neumanns korrigiert, zum Beispiel hinsichtlich der Lehre von der zufälligen, ursachenlosen Entstehung oder der Lehre von Nibbana in diesem Leben. Auch wenn die um den Originaltext bemühte Übersetzungsweise an ihre Grenzen stößt, ist sie doch insgesamt zu begrüßen. Sie schafft die Basis für eine kritische Würdigung der bereits mehr als 100 Jahre alten Übertragungen Neumanns.
Mathias Weber