Harald Walach

Brücken zwischen Psychotherapie und Spiritualität

Heft: 02 | 2022 Nahrung
Verlag:Schattauer Verlag
Ort:Stuttgart
Jahr:2021
ISBN:978-3-608-40056-4
Preis:40,00 €
Seiten:396
Hardcover

Rezension

Harald Walach ist Zen-Schüler und klinischer Psychologe, Psychotherapeut, forscht zu Meditation, christlicher Mystik und Komplementärmedizin. Sein neues Buch richtet sich an Therapeut:innen, Patient:innen sowie Interessierte und verbindet mit der These, dass Psychotherapie und Spiritualität einander ergänzen, ein Plädoyer für Offenheit gegenüber den spirituellen Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten und Behandlungsansätzen.

Im Theorieteil finden sich Kapitelnamen wie: „Gibt es Gott?“ oder „Wie die Erfahrung Form gewinnt“. Der Leitgedanke, dass Religion und Ethik Ausdrucksformen spiritueller Erfahrung sind, drückt eine Lebenshaltung aus, die über das eigene „Ich“ hinausreicht. In unserer Kultur ist der innere Zugang zu Sinneserfahrung und Verbundenheit jedoch oft blockiert, weshalb es gilt, die inneren Quellen freizulegen. Harald Walach legt dar, wieso ein materielles Weltbild unvollständig ist und zeigt anhand von Parallelen zwischen Wissenschaft und Spiritualität, die die Tiefenstruktur der Welt beschreibt, warum ein konstruktiver Austausch zwischen beiden Bereichen wegweisend sein kann.

Wie aber und mit welchen Ansätzen lässt sich Spiritualität konkret in den therapeutischen Prozess integrieren? Welchen therapeutischen Nutzen haben Achtsamkeitstherapien und Meditationsarten aus Sicht der Forschung? Fragen dieser Art werden im Praxisteil beantwortet, Übungen wie die Abgrenzungsimagination“ präsentiert, reale Patient:innenfälle angeführt, Anekdoten eingestreut. Die „Meditationsbasierte Lebenstilmodifikation“ bei Depression fokussiert sich auf einen ganzheitlichen Ansatz – ähnlich dem buddhistischen Heilsweg. Die Themen reichen von einem Exkurs in die moderne Physik, über das Erkennen und Heilen narzisstischer Störungen bis zur spirituellen Verweigerung.

Spirituelle Praxis wird auch als gesundheitsfördernde Ressource für Therapeut:innen selbst thematisiert. Zahlreiche Querverweise mit aktuellen, historischen, religiösen, oft wissenschaftlichen Bezügen bieten lehrreiche und kritische Perspektivwechsel. Ein breites Wissensspektrum und ein analytischer Blick, der zu überraschen vermag, sind auch für Leser:innen, die nicht vom Fach sind, informativ und unterhaltsam. Insgesamt eine lebendige Orientierungshilfe mit Reflexionstiefe, die schlüssig argumentiert und auch Menschen ermutigen kann, Neues zu wagen, falls sich mit einer spirituellen Praxis allein bisher keine Linderung psychischer Leiden erzielen ließ.

Bhikkhu Sujata

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