Lebendige Gemeinschaft im Dharmazentrum und Wohnprojekt Möhra

5. Juli 2021

Etwas mehr als fünfzehn Jahre und ausdauernde gemeinschaftliche Arbeit hat es gebraucht, um das Dharmazentrum und Wohnprojekt im Thüringischen Möhra in der Mitte Deutschlands fertigzustellen. Das Dharmazentrum, ein ehemaliges Gasthaus und Erholungsheim, bietet heute ein breites Angebot für buddhistischen Nonnen (Bhikkhunis) und Laien und wird von Nonnen und Lamas (Lehrerinnen und Lehrern), die ihre Ausbildung bei Gendün Rinpoche erhalten haben, betreut.

© Dharmazentrum Möhra, Kurs mit jungen Erwachsenen

Es steht in der Tradition der Karma Kagyü-Linie des tibetischen Buddhismus und ist der Hauptsitz des Dhagpo Kagyü-Mandalas im deutschsprachigen Raum. Kurz nach dem Umbau wurde mit der Planung und dem Bau des Wohnprojekts Möhra, dem „Dharmavillage“ begonnen, welches nur zwei Kilometer entfernt am Ortsrand von Möhra liegt. Dieses bietet neben Wohnungen für Nonnen und Laien auch Raum für Gemeinschaftsaktivitäten.

Das Dharmazentrum wird von Bhikkhuni Lama Yeshe Sangmo geleitet, die nach den traditionellen zwei Dreijahresretreats die Übertragung der Karma-Kagyü-Linie des tibetischen Buddhismus erhielt. Die Gemeinschaft von insgesamt sechs Bhikkhunis – neben Bhikkhuni Lama Yeshe Sangmo leben in Möhra Bhikkhuni Lama Djangschub, Bhikkhuni Lama Irene, Bhikkhuni Lama Sherab Palmo, Bhikkhuni Lama Yangchen und Bhikkhuni Lama Tsültrim Wangmo – macht es möglich, in Möhra die Tradition der Gelübdezeremonie aufrecht zu erhalten. Zu der treffen sich die Nonnen monatlich, um die Gelübde erneut gemeinsam zu rezitieren – eine seltene Möglichkeit für westliche buddhistische Nonnen in Europa!

 „Ein buddhistisches Zentrum ist mehr als nur ein Wohnort für Mönche und Nonnen. Eine spirituelle Gemeinschaft ist wichtig für die Bewahrung und Weitergabe des Dharma, da ihre Mitglieder sich mit all ihrer Zeit und Energie dieser Aufgabe widmen können.“ Gendün Rinpoche

© Dharmazentrum Möhra, Bhikkhunis

Im Dharmazentrum Möhra beteiligen sich alle Nonnen gemeinsamen mit Laienprakti­zierenden an gemeinschaftlichen Meditationen und Ritualen, Meditationstagen, Begleitung von längeren individuellen Retreats (Zurück­ziehungen), Retreat-Tagen und der Gestaltung des umfangreichen Seminar­programms. Neben Achtsamkeitsseminaren und Meditations­kursen legt das Dharmazentrum großen Wert auf die Ausbildung von jungen Menschen. Seit 2006 werden in Möhra Familientage, Oster- und Sommercamps angeboten, in denen vor allem jungen Menschen der Weg der Meditation vermittelt wird. Ein lebendiger Austausch zwischen Jung und Alt, zwischen ordinierter Sangha und Laienpraktizierenden ist gelebter Alltag im Dharmazentrum Möhra. 

 
„ Es ist ein Geschenk, wenn junge und ältere Menschen gemeinsam praktizieren. In der Meditation nähern wir uns der Realität wie sie wirklich ist und steigen aus der Illusion der scheinbaren Sicherheit aus. Wir öffnen uns für den Fluss der Meditation und üben einen Umgang mit Bodenlosigkeit, mit Übergängen, mit Umbrüchen. Das ist für junge Menschen, die am Anfang ihres Lebens stehen und Entscheidungen fällen müssen sehr hilfreich. Wir üben in der Meditation das Loslassen und steigen damit auch ein in Vorbereitungen auf den Sterbeprozess, denn jede Verunsicherung, die wir bewusst erleben, ist Vorbereiten auf das Sterben. Wir akzeptieren die Verunsicherung und öffnen uns so weit, wie wir können, jetzt gerade im Moment!“
 Lama Yeshe Sangmo

Das „Dharmavillage“ wurde von Nonnen und Laienpraktizierenden, die sich mit dem Dharmazentrum Möhra eng verbunden fühlten, gemeinsam mit dem Architekten Oskar Laser geplant. Von Beginn an war es allen Beteiligten wichtig, Lebensraum entsprechend der buddhistischen Lehre und Ethik zu schaffen, der der Entfaltung der eigenen Fähigkeiten dient und in dem die Werte Achtsamkeit, Gewahrsein, Mitgefühl und Freude gelebt werden. In den Jahren 2009 bis 2018 wurden insgesamt 23 Wohnungen gebaut, in denen die Nonnen und dem Dharma verbundene Laien leben.

© Dharmazentrum Möhra, Stiftungs- und Gästehaus

Das Herz des Dharmavillage bildet das Stiftungs- und Gästehaus. Hier treffen sich Bhikkhunis und Laienpraktizierende zur gemeinsamen täglichen Praxis; gleichzeitig verfügt es über Wohnraum zur Begleitung Dharmapraktizierender im Sterbeprozess. Bei Bedarf kann auch das lokale Netzwerk der ambulanten Palliativdienste angefragt werden. So ist ein kostbarer Ort entstanden, der Menschen am Ende des Lebens unterstützt.

Trägerverein des Dharmavillage ist die Karmapa-Stiftung, die entsprechend ihrem Stiftungszweck die buddhistische Lehre fördert und hilft, diese öffentlich wirksam umzusetzen. Zu den Aktivitäten der Stiftung gehört auch, den Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Buddhismus und der westlichen Kultur und Religion, sowie buddhistische Künste und Wissenschaften zu unterstützen. Mit ihren Aktivitäten im Dharmavillage Möhra schafft die Stiftung Lebens­raum, der es den Bhikkhunis und Laienpraktizierenden ermöglicht, den Dharma zu leben, anzuwenden und weiterzugeben.

Beate Göbel

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