Lange Haftstrafen in Tibet
16. Dezember 2016
Von Haftstrafen bis zu 14 Jahren spricht die International Campaign for Tibet (ICT) – verhängt, weil Mönche und Laien den Geburtstag des Dalai Lama feierten.
Bis zu 14 Jahre Gefängnishaft erhielten laut ICT neun Tibeterinnen und Tibeter dafür, dass sie im Sommer 2015 an der Organisation von Feiern zum 80. Geburtstag des Dalai Lama beteiligt waren. Der Urteil fällte am 6. Dezember ein Gericht im osttibetischen Ngaba. Unter den Verurteilten sind mehrere teils hochrangige Mönche, aber auch buddhistische Laien. Die niedrigste Haftstrafe liegt bei fünf Jahren.
Wie die ICT über zwei im indischen Exil lebende tibetische Mönche mit guten Verbindungen in die Region erfahren hat, waren alle Verurteilten Ende letzten Jahres festgenommen und seither durchschnittlich ein Jahr an unbekanntem Ort in „Incommunicado-Haft“ festgehalten worden – Menschenrechtsorganisationen sprechen hier auch von „Verschwindenlassen“. Angehörige und Freundinnen und Freunde wussten weder, in welcher Haftanstalt sie sich befanden, noch ob sie überhaupt am Leben waren.
Für Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT), ist die Gruppenverurteilung offensichtlich politisch motiviert und diene allein dem Zweck, eine Warnung für alle Tibeterinnen und Tibeter auszusprechen, die loyal zum Dalai Lama stehen.
Unter den Verurteilten sind:
- Drugdra, 50, Mönch des osttibetischen Klosters Kirti, wurde am 6. Dezember zu 14 Jahren Haft verurteilt. Ende November 2015 war er in seiner Klosterzelle verhaftet und an einen unbekannten Ort verbracht worden. Schon 2008 war er festgenommen und insgesamt 16 Monate lang inhaftiert worden.
- Lobsang Khedrub, 44, ebenfalls Mönch des Klosters Kirti, wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. Auch er war Ende letzten Jahres festgenommen und an einem unbekannten Ort festgehalten worden. Im Jahr 2011 war er schon einmal verhaftet und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Weil sich seine Gesundheit dort jedoch drastisch verschlechterte, ließen ihn die chinesischen Behörden vorzeitig frei. Losang Khedrub stand kurz davor, sein Geshe-Mönchsexamen abzulegen, den höchsten Studienabschluss buddhistischer Mönche.
- Lobsang Gephel, 29, gleichfalls Kirti-Mönch, wurde am 30. November 2015 aus seinem Kloster verschleppt. Das Gericht in Ngaba verurteilte ihn zu 12 Jahren Haft. Von Mai 2011 bis Ende 2013 hatte er schon einmal eine längere Haftstrafe zu verbüßen. Lobsang Gephel leitete die Medizinschule des Klosters Kirti.
- Bonkho Kyi, 48, Bewohnerin des Ortes Lhade Gabma, wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sie war am 20. November 2015 an einen unbekannten Ort verschleppt worden. Schon 2011 und 2012 war sie jeweils für einige Monate festgenommen worden.
* Am 6. Dezember wurden ebenfalls verurteilt: Der Kirti-Mönch Lodro (neun Jahre Haft), 41, die Laienbuddhistin Tarey Kyi (acht Jahre), der ehemalige Mönch Trotsik Tsultrim (sechs Jahre), der ehemalige Mönch Tsultrim (sechs Jahre), 32, sowie der ehemalige Mönch Akyakya (fünf Jahre), 35.
„Die Urteile des chinesischen Gerichts sprengen jedes nachvollziehbare Maß und belegen erneut die Unrechtsnatur des chinesischen Justizsystems. Es ist geradezu monströs, Menschen mit bis zu 14 Jahren Haft zu belegen, weil sie den Geburtstag ihres verehrten geistlichen Oberhaupts feiern wollten. Insofern ist dies auch ein massiver Anschlag auf das Recht auf die freie Ausübung der Religion.“ Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT)
Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.
Der Bericht „Tibetans sentenced to long prison terms for involvement in Dalai Lama’s 80th Birthday celebration“, der auch Fotos der meisten Verurteilten enthält, lässt sich hier herunterladen.