Jahres-Retreat und 850-Jahr-Feier der Jodo Shu Europa in Frankreich
3. November 2024
In einem Bauernhaus in der Normandie und in Paris trafen sich vom 3. bis 6. Oktober 2024 Mitglieder der japanischen Jodo Shu („Schule des Reinen Landes“) aus ganz Europa zu ihrem Jahres-Retreat.
Oberpriester Mitsutaka Koso, der Leiter des Jodo Shu European Buddhism Center in Acon (ca. 100 km westlich von Paris), eröffnete das Retreat am Abend des 3. Oktobers mit einer feierlichen Hoyo (Zeremonie) und einem Vortrag über das 850-jährige Gründungsjubiläum der Jodo Shu, das 2024 gefeiert wird.
Am 4. Oktober begannen die Teilnehmer den Tag frühmorgens mit einem „Otsutome“, dem Alltagsritual der Jodo Shu. Nach dem gemeinsamen Frühstück hilet Koso-sensei einen Dharmavortrag zum Thema „Drei Schätze Buddha, Dharma und Sangha“, bei dem er von seiner eigenen Ordination zum Mönch im Alter von 14 Jahren in Japan berichtete. Damals gab ihm der 93-jährige Abt des Tempels, der die Ordination vornahm, in seinem Dharma-Vortrag folgende Worte für sein Leben mit:
„Trage die Drei Schätze immer mit dieser Herzenseinstellung mit Dir: ‚Buddha = fröhlich und aufgeweckt‘; ‚Dharma = wahrhaftig und rechtschaffen‘; ‚Sangha = in freundschaftlichem Umgang miteinander‘.“
Diese Worte gab er nun seinerseits an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Retreats weiter.
Am Nachmittag beschäftigte sich Koso-sensei in seinem zweiten Dharma-Vortrag mit dem Thema „Innere Reinigung durch Reue“. Der „Vers der Reue“ (jap. „Sangege“) wird beim Alltagsritual der Jodo Shu noch vor der Sutrenlesung und der Nenbutsu-Rezitation gesprochen. Dabei geht es nicht um die Bitte um Vergebung wie bei der christlichen Beichte oder Buße, sondern um die eigene innere Reinigung von schlechtem Karma. Man ist mit sich selbst und Buddha alleine, trauert um sein eigenes schlechtes Karma, das durch Hass, Gier und Verblendung angesammelt wurde, und vollzieht eine innere Reinigung, bevor man mit der eigentlichen Praxis beginnt.
Zwischen und nach den Dharmavorträgen praktizierte die Gruppe jeweils die Rezitation des Nenbutsu „Namu Amida Butsu“ („Ich nehme Zuflucht zu Buddha Amitabha/Amitayus“) in verschiedenen Varianten: als Gehrezitation durch die Felder, als gemeinsame Rezitation vor dem Altar mit mokugyo, oder als „Volle Niederwerfung aus Verehrung und Dankbarkeit“ (japanisch „Raihai“), bei der man zunächst auf die Knie geht und dann mit beiden Ellbogen und der Stirn den Boden berührt und dabei melodisch das „Namu Amida Bu(tsu)“ singt.
Am dritten und vierten Tag wurde das Retreat in Paris fortgesetzt, wo Koso-sensei zunächst einen Vortrag über Honen Shonin (1133-1212), den Gründer der Jodo Shu, hielt. Nach einer Hoyo-Zeremonie mit gemeinsamer Nenbutsu-Rezitation feierten die Versammelten schließlich das 850-jährige Jubiläum der Jodo Shu. Zum ersten Mal in der Geschichte der europäischen Jodo Shu kamen Mitglieder aus Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Italien und der Schweiz zu einem gemeinsamen Retreat zusammen. Auch dies war ein Grund zur Feier, die am Samstagabend in einem Pariser Restaurant bei einem fröhlichen Beisammensein stattfand.
Sonntags endete das Retreat nach einer gemeinsamen Rezitation und anschließendem Frühstück.
Das nächste europäische Treffen der Sangha ist für Herbst 2025 in Italien geplant.
Frank Kônen Büttgen