Die Feier der Nonnenordination
Viele buddhistische Feste sind inzwischen auch im Westen gut bekannt wie das Vesakh-Fest oder das erste Drehen des Dharmarades. Doch wie begehen Buddhistinnen und Buddhisten den Tag ihrer Ordination, an dem sie die Ordensregeln nehmen? Die Ehrwürdige Gelongma Thubten Jampa gibt einen Einblick in ihre eigene Ordinationszeremonie und beschreibt die Auswirkungen auf ihr Leben.
Den Wunsch nach einem klösterlichen Leben verspürte ich bereits mehr als ein Jahrzehnt vor meiner Ordination. Nach meinem Studium der Politik und Soziologie arbeitete ich für eine tibetische Menschenrechtsorganisation und fing an, die Bücher Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu lesen. Er schrieb darin über liebevolle Güte und Mitgefühl. Es war das erste Mal, dass ich solche Worte hörte, und sie berührten mich tief. Der innere Ruf, ein Leben als Nonne in einer Gemeinschaft zu leben, kam auch aus der Geschichte meines eigenen Leidens: Ich hatte eine schwierige Kindheit erlebt und suchte nach innerem Frieden. Also entschloss ich mich, ganz nach dem Vorbild Buddhas zu leben, mich dem Dharma zu widmen und mein Leben ganz danach auszurichten.
Von der Anwärterin zur Ordinierten
Mein Ordensweg begann mit einer zehnjährigen Nonnenausbildung in der Sravasti-Abtei im US-amerikanischen Newport, wo wir in der tibetischen Tradition Seiner Heiligkeit des Dalai Lama praktizieren. Mit der Anagarika-Zeremonie nahm ich für ungefähr ein Jahr die acht Gelübde, um mich auf die Novizinnenordination vorzubereiten. Danach konnte ich als Anwärterin formell bei meiner Äbtissin, der Ehrwürdigen Thubten Chodron, mit drei Niederwerfungen die Sramanerika- und Shiksamana-Ordination, also die Novizinnen- und Trainingsordination, erbitten.
Früh am Morgen vor der Ordinationszeremonie fanden einige formale Abläufe statt, zum Beispiel das Bestimmen der Klostergrenzen, in denen die Ordinierten ihre Rituale durchführen können, durch ein „Sanghakarman“ – das ist eine formelle Handlung der Ordensgemeinschaft. Wir laden zu der Zeremonie auch Freundinnen und Freunde des Klosters, Familienangehörige und eigene Freundinnen und Freunde ein, die mit uns gemeinsam die Räuchergabe darbringen oder die Einladung aller Buddhas und Bodhisattvas mitsprechen. Deshalb waren zunächst etwa dreißig Personen bei der heiligen Zeremonie zugegen. Am Ordinationsritual selbst nehmen allerdings nur die Äbtissin, die Ausbilderin und die voll ordinierten Nonnen – die Bhikshunis – teil. Deshalb mussten die Gäste den Tempel wieder verlassen. Die Ehrwürdige Thubten Chodron und die Ehrwürdige Jendy Shih, meine Ausbilderin, gaben mir Dharmahinweise. Während mir die Ehrwürdige Thubten Chodron den Kopf rasierte, hielt ich die Augen geschlossen.
Nach dem Ritual der Kopfrasur kniete ich nochmals für drei Niederwerfungen vor der Äbtissin nieder und ging den schneebedeckten Hügel hinauf zur Meditationshalle, wo ich mich vor den Bhikshunis als Zeuginnen zum klösterlichen Leben bekannte. Ich nahm die zehn Gelübde einer Sramanerika (Novizin) und begann mein Training als Shiksamana (übende Nonne). In dem Moment war ich mit den Bhikshunis und auch mit all den anderen Lehrerinnen und Lehrern, die ich nie getroffen hatte, tief verbunden. Die Ordination verlief so ruhig und schön, dass ich mich dabei sehr wohl fühlte. Als ich die Gelübde nahm, musste ich vor Glück weinen – es war die schönste Erfahrung meines Lebens.
Nachdem ich die Ordination erhalten hatte, gab es viele Danksagungen und einige Gaben, die ich an meine Äbtissin, meine Ausbilderin und meine Nonnenschwestern weiterreichte. Ein paar der Gäste kamen dazu und überreichten mir einige Dinge, die man als Nonne so braucht, zum Beispiel ein Holzbesteck für die Almosenschale. Danach luden uns die Gäste zu einem mit großer Liebe zubereiteten Mittagessen ein. Alle waren sehr glücklich, denn die Ordination ist eine wunderbare und tugendhafte Tat.
Ein Leben in Freude
Das alles erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit. Es hat mich vor allem sehr gefreut, dass ich auf diesem Weg von Anfang an so liebevoll von der Ehrwürdigen Thubten Chodron wie auch von den anderen Nonnen im Kloster vorbereitet und begleitet worden bin. Bhikshuni Thubten Chodron hat ihr Leben vollständig der Ausbildung einer monastischen Gemeinschaft im Westen gewidmet. Sie sagt:
Die Sangha wächst immer mehr, und das ermöglicht es uns, allen anderen Menschen besser zu dienen. Sie können die Lehren hören, Meditationen erlernen und mit den wertvollen Anweisungen des Buddha in Kontakt kommen.
Auch die Ehrwürdige Thubten Chodron, die Ehrwürdige Jendy Shih und all die anderen Nonnen und Gäste haben sich sehr mit mir gefreut – Mitfreude ist ebenfalls eine sehr schöne Freude und setzt gute Anlagen im Geistesstrom. Meine Freude an diesem Tag zeigte sich zwar auch im Äußeren, aber mehr noch innerlich. Ich war von einer großen Zufriedenheit erfüllt, diesen wichtigen Schritt in meinem Leben gemacht zu haben. Ich hatte mich entschieden, mich zum Wohle der Lebewesen ganz dem Dharma zu widmen, und wurde in einer heilsamen Familie wiedergeboren. Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama schrieb 1979 die folgenden Verse, um seine Freude über die monastische Disziplin auszudrücken:
Äußerlich rein, innerlich rein, wohltuend und freudvoll, sowohl hier als auch im Jenseits, Medizin für sich und andere, wundervoll! Wir haben den Weg des Buddha getroffen!
Diese Freude schwingt täglich in mir mit und ich feiere meine Ordination jeden Tag aufs Neue. Wenn ich morgens aufwache, erinnere ich mich sofort daran, ordiniert zu sein – ich muss mir nur kurz über die geschorenen Haare fassen oder die Robe anlegen. Das Training im Kloster hat mir auch sehr dabei geholfen, mir meiner monastischen Lebensweise in jeder meiner täglichen Handlungen bewusst zu sein – vom Aufwachen bis zum Einschlafen und sogar im Traum. Ich empfinde dabei immer eine große Freude, die ich auch gern weitergebe.
Und so möge mein Leben allen fühlenden Wesen zugutekommen. Seit meiner Ordination bin ich mir dieser Verantwortung bewusster denn je. Sie dient nicht nur mir selbst, sondern auch dem Wohl aller fühlenden Wesen. Das ist die Motivation für unsere Ordination – und das wiederum ist ein wahrhaft guter Grund zum Feiern.
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