Huineng

Plattform-Sutra

Heft: 03 | 2020 Transformation
Verlag:Angkor Verlag
Ort:Frankfurt
Jahr:2019
ISBN:978-3-943839-54-8
Preis:9,90 €
Seiten:108
Übersetzt von Guido Keller und Taro Yamada
Paperback

Rezension

Guido Keller und Taro Yamada haben in diesem Buch die Zongbao-Variante des Plattform-Sutras auf erhellende Weise übersetzt. Der Ursprungstext stammt aus dem 13. Jahrhundert und bildet eine längere von mindestens sieben Versionen des Sutras. Das Plattform-Sutra hat das Anliegen, in zehn Kapiteln so etwas wie „die ursprüngliche Lehre über den ursprünglichen Geist“ darzulegen. Im Zentrum des Plattform-Sutras steht die Begegnung des belesenen und wohl unterrichteten Mönchsältesten Shenxiu und des Novizen Huineng. Dieser ist des Lesens unkundig, hat jedoch zufällig das Diamant-Sutra vernommen. Dies hat ihn erweckt und ins Kloster des Großmeisters Hongren geführt. Hongren nun fordert seine Schüler zur Darlegung ihres Dharma-Verständnisses in Form eines Verses auf. So entstehen zwei berühmte Gedichte, in denen die Essenz der ursprünglichen Lehre aufscheint.

„Tief in der Nacht“ – der Sinne und des Denkens, die mit dem Ich schweigen und vergehen müssen – offenbart sich der Dharma, das Absolute, das im Grunde immer schon da ist, unberührt und unwandelbar, jenseits von Geburt und Tod. Und „niemand wusste davon“ – denn im „Durchschreiten des Tores“, der Vereinigung mit dem Absoluten, stirbt das Ich und „Niemand“ erfährt das unsagbare Geheimnis. Solange auch nur ein Hauch von Ich bleibt, das den Spiegel des Bewusstseins reinigen muss, ist das Tor nicht durchschritten. „Plötzliche Erleuchtung“ löscht mit dem Ich die Spuren des Handelns, das Karma, und offenbart „unmittelbar und vollständig“ das Eine. Lesen kann dabei hilfreich sein, auch Denken, doch mit dem Denken und Reden-Über ist Befreiung nicht zu gewinnen. Der Prozess muss in jeder und jedem Einzelnen entzündet werden und in vertrauensvoller und beharrlicher Meditation – vielleicht durch viele Leben hindurch – entschlossen entwickelt werden, bevor es zur „plötzlichen Erleuchtung“ kommt, wobei das Verfassen von Gedichten als ausgezeichneter Weg gilt. Die Wahrheit kann weder gesagt, noch geschrieben werden. Der unergründliche, dem Verstand unfassbare Sinn, kann nur intuitiv erlebt werden. „Der Geist muss sich stets selbst erleuchten und befreien.“ Ans „andere Ufer übersetzen“ muss jeder Mensch selbst. Die vorliegende „Übersetzung“ scheint mir vortrefflich geeignet, Leserinnen und Lesern heute, die „zum großen Vorhaben erwacht“ sind, zur „großen Angelegenheit von Leben und Tod“, die nichtdualistische Wahrheit, die ursprüngliche Wahrheit jenseits von Geburt und Tod, jenseits von Gut und Böse, näherzubringen.

Benedikt Maria Trappen

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