David Chadwick

Krumme Gurke

Leben und Lehre des Zen-Meisters Shunryu Suzuki

Heft: 04 | 2022 Leben mit dem Tod
Verlag:Sarasvati Edition
Ort:Berlin
Jahr:2022
ISBN:978-3-9815371-0-9
Preis:29,90 €
Seiten:258
Aus dem Englischen übersetzt von Bernd Bender in Zusammenarbeit mit Katja Wiederspahn
Paperback

Rezension

David Chadwick war ein enger Schüler Shunryu Suzukis und rekonstruiert in seinem Buch in enormer Detailverliebtheit und leuchtenden Farben das Leben des berühmten Zen-Meisters. Um die biografische Stofffülle zu bändigen, gliedert der Autor das Buch in zwei Abschnitte: Im ersten Teil erzählt er von Suzukis Lebenszeit in Asien zwischen 1904 und 1959. Shunryu Suzuki – der nicht mehr als 1,50 Meter maß – durchlebt in Japan die traditionelle Ausbildung zum Zen-Mönch und übernimmt gemäß dieser Tradition das Kloster Zoun-in, das vorher sein Vater geleitet hatte. Während des Zweiten Weltkriegs nimmt er, was in Japan durchaus Seltenheitswert hatte, eine strikt pazifistische Haltung ein und reist schließlich sogar in die Mandschurei, um dort ein Zen-Kloster aufzubauen. Der Plan scheitert an den widrigen Umständen der Zeit. Dennoch hält Suzuki an dem Wunsch fest, den Zen-Buddhismus im Ausland zu verbreiten – sein Lehrer So-on allerdings verbietet es. Erst 1959 erhält er die Chance, den Soto-Zen-Tempel in San Francisco zu leiten, und tritt die Reise in die USA hoch motiviert an.

Hier beginnt der zweite Teil des Buches, der die Zeit in den USA bis zu Suzukis Tod 1971 umfasst. In San Francisco erwartet den Zen-Lehrer eine traditionelle japanische Gemeinde, die den Tempel hauptsächlich wegen des Austauschs mit Landsleuten besucht. Doch schon bald verbreitet sich die Kunde von seinem ungewöhnlichen und humorvollen Lehrstil auch unter den damaligen Hippies und lockt immer mehr Interessierte zu den Zazen-Übungsstunden. Nach und nach vermittelt der Meister seinen Schüler:innen die Philosophie des Zen, sein Hauptaugenmerk liegt aber auf der Praxis des Zazen. Sein Ruf verbreitet sich über die Westküste der USA und bald auch darüber hinaus. Spannend beschreibt die Biografie einige der Treffen des Zen-Meisters mit dem tibetisch-buddhistischen Lehrer Chögyam Trungpa Rinpoche, dessen Stil er nachhaltig beeinflusst hat. Als die Spannungen der traditionellen japanischen Gemeinde mit den „ungewaschenen Hippies“ immer größer werden, gründet Suzuki mit der Unterstützung von mittlerweile Tausenden Interessierten – unter ihnen Alan Watts und Allen Ginsberg – das erste gemischtgeschlechtliche Zen-Kloster in Tassajara, drei Stunden von San Francisco entfernt. Dessen Programm wird zum Vorbild für zukünftige Zen-Klöster im gesamten Westen.

So war nach vielen Jahren aus dem kleinen japanischen Tempelpriester der wohl bedeutendste Zen-Meister seiner Zeit geworden, weltweit berühmt besonders durch sein Buch „Zen-Geist – Anfänger-Geist“. Wie und wer Shunryu Suzuki war, zeigt sich besonders prägnant in der Antwort, die er zu geben pflegte, wenn jemand ihn mit dem älteren Daisetz T. Suzuki verwechselte: „Nein“, lächelte er dann. „Ich bin der kleinere Suzuki.“

Gerhard Haberhauer

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