Sylvia Wetzel

Fühlen ist Leben

Mit schwierigen Gefühlen umgehen

Heft: 04 | 2018 Wohin?
Verlag:Verlag Herder
Ort:Freiburg
Jahr:2018
ISBN:978-3-451-60008-1
Preis:18,00 €
Seiten:186
Paperback

Rezension

„Gefühle sind das Salz in der Suppe des Lebens, mit angenehmen und starken Gefühlen fühlen wir uns lebendig und wir wollen sie festhalten. Unter unangenehmen Gefühlen leiden wir und wir möchten sie loswerden. Wenn wir uns bedroht fühlen, werden wir entweder wütend und greifen an oder wir fürchten uns und wollen flüchten. Scheitern Angriff und Flucht, stellen wir uns tot und spüren nichts mehr.“ Mit diesen Sätzen beginnt Sylvia Wetzel, Autorin und buddhistische Lehrerin, eine sehr komplexe und kompakte Betrachtung des Themas Gefühle. Die Grundlage dafür bieten buddhistische Ansätze, zudem fließen christliche, philosophische, soziologische und psychologische Begriffe mit ein. Viele konkrete und hilfreiche Übungen und Reflexionen durchziehen das gesamte Buch. Im ersten Teil bietet Wetzel bei der Untersuchung von „Wer bin ich?“ zum Beispiel eine Übung zum Perspektivwechsel an, mit der wir erkennen können, in welchem Modus wir uns gerade befinden: Ist es der Kleinkind-Modus, der Eltern- oder Überich-Modus oder die erwachsene Perspektive? Im zweiten Teil gibt es einen kurzen Abriss der gesellschaftlichen Entwicklung von der Vormoderne über die erste Moderne, die Postmoderne zur zweiten Moderne (die globalisierte Welt seit Anfang der 1990er-Jahre) und wie sich Gefühle und Werte dabei verändert haben. Anhand der entsprechenden Reflexionen können wir unter anderem untersuchen, welche Werte für uns selbst wichtig sind. Im dritten Teil geht es um die konkreten Gefühle: die schwierigen und die „himmlischen“. Bei den unangenehmen Gefühlen können wir üben, sie nicht nur zu erkennen, sondern auch anzunehmen, statt sie zu unterdrücken oder zu verdrängen, und so mit ihnen umzugehen, dass wir sie auf Dauer auflösen können. Praktische Anleitungen bieten Hilfestellung, um die himmlischen Gefühle beziehungsweise Haltungen zu entwickeln und zu stärken. Dazu gehören Wohlwollen, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut oder Gelassenheit, und sie werden traditionell im Buddhismus als die vier göttlichen Verweilungen (Pali: brahmavihara) bezeichnet. Zusätzlich zu den himmlischen Gefühlen des Buddhismus stellt Wetzel die Sicht Platons, Aristoteles’, der Stoiker und der Neuzeit auf die Tugenden vor und reflektiert sie. Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, ein Glossar und Literaturempfehlungen runden das gelungene Werk ab. Das Buch ist allgemein verständlich geschrieben und jedem zu empfehlen.

Traudel Reiß

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