Dzongsar Jamyang Khyentse Rinpoche

Der Guru trinkt Schnaps?

Heft: 02 | 2018 Freiheit
Verlag:Manjughosha Edition
Ort:Berlin
Jahr:2017
ISBN:978-3-945731-17-8
Preis:22,90 €
Seiten:298
Paperback, 48 Farbfotos

Rezension

Hingabe – das ist der zentrale Begriff in Dzongsar Jamyang Khyentses neuestem Buch, The Guru drinks Bourbon?, das unter dem Titel Der Guru trinkt Schnaps? in der Berliner Manjughosha Edition auf Deutsch erschienen ist. Das Buch kommt gerade recht. Nicht nur im Westen gibt es ein tiefes Misstrauen gegenüber der Vorstellung, sich einem Guru auf Gedeih und Verderb auszuliefern – die jüngsten Missbrauchsvorwürfe gegen verschiedene Lamas haben allzu deutlich gemacht, wie wichtig ein Leitfaden ist, wenn man auf der Suche nach einem Lehrer des Vajrayana, des tantrischen Buddhismus, ist. Der Guru trinkt Schnaps? erfüllt diesen Anspruch für alle, die mit dem Buddhismus mehr oder weniger vertraut sind, aber Zweifel und Fragen haben. In einer gut verständlichen, klaren Sprache führt der bhutanische Lama, der zu den wichtigen Meistern unserer Zeit gehört, seine Leser durch zahlreiche Szenarien einer Suche nach dem richtigen Lehrer. Dabei appelliert er vor allem an den gesunden Menschenverstand und die Eigenverantwortung, die gerade in der Anfangsphase einer Guru-Schüler-Beziehung fundamental sind.

Besonders lehrreich sind seine Ausführungen über die verschiedenen Arten von untauglichen oder falschen Gurus. Er scheut sich nicht, eigene Fehler zu benennen oder den tibetischen Buddhismus kritisch mit seinem indischen Ursprung zu vergleichen und ersterem Unsitten zu attestieren, die anderswo nicht wiederholt werden müssen. So gewissenhaft Dzongsar Khyentse das Terrain des Vernünftigen absteckt, so deutlich sagt er aber auch, dass dies nur dazu dienen kann, den „Sprung“ zur vollkommenen Hingabe zu riskieren. Dann, so der Autor, wirft man alle Zweifel über Bord und begibt sich auf eine Reise ohne Rückfahrschein: Wer sich dem Guru einmal anvertraut, der muss tun, was dieser verlangt, denn nun gilt nur noch das, was das Ego des Schülers zerstören und ihn zur Erleuchtung führen kann. Das ist ein großes Wagnis, doch Dzongsar Khyentse versteht es, den Weg dorthin mit der gebotenen Umsicht und Vorsicht zu beschreiben und mögliche Fallstricke und Missverständnisse zu benennen. Immer wieder vergleicht er auch den tantrischen Buddhismus mit den beiden anderen Fahrzeugen des Buddhismus, dem Mahayana und dem Theravada, um Alternativen aufzuzeigen, falls im Laufe der Lektüre Zweifel an der eigenen Neigung zum Vajrayana aufkommen sollten. Das macht Der Guru trinkt Schnaps? fast schon zu einer unverzichtbaren Lektüre für jeden, der sich heutzutage mit Buddhismus beschäftigen will.

Steven Uhly

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