Hans-Günter Wagner

Buddhismus in China

Von den Anfängen bis in die Gegenwart

Heft: 01 | 2021 Gemeinwohl
Verlag:Verlag Matthes & Seitz
Ort:Berlin
Jahr:2020
ISBN:978-3-95757-844-0
Preis:128,00 €
Seiten:1104
Hardcover

Rezension

Den gesamten Buddhismus in China von den Anfängen bis zur Gegenwart darzustellen ist wahrhaftig ein ambitioniertes Vorhaben. Dem Wirtschaftswissenschaftler, Pädagogen und Sinologen Hans-Günter Wagner gelingt es auf 900 Seiten (plus über 100 Seiten Anhang mit Anmerkungen, Chronologie, Literatur, Glossar und Verzeichnissen) bravourös. Ohne sich in zu vielen Einzelheiten zu verlieren, geht er vielen Aspekten detailliert nach, legt die großen Entwicklungslinien dar und lässt kaum einen Gesichtspunkt dieser weit verzweigten, wechselhaften Geschichte aus. Wagners Buch beginnt mit der vorbuddhistischen Zeit Chinas und deren Religionen sowie der Ankunft des Buddhismus aus dem Westen. Die ersten Verbreiter der buddhistischen Lehre in China kamen nicht aus Indien, sondern aus den an China angrenzenden zentralasiatischen Reichen – es waren Parther, Sogder und Kuschaner. Selbst Bodhidharma könnte nach einigen Quellen ein Perser gewesen sein. Hans-Günter Wagner erzählt von den unterschiedlichen politischen und sozialen Einflüssen, denen der Buddhismus in China ausgesetzt war. Von der Verfolgung der buddhistischen Sangha im Laufe der Jahrhunderte bis heute und deren Verhältnis zu den Mächtigen, von den verschiedenen Orden und Schulen und den wichtigen, wenngleich oft wenig beachteten Nonnen und Meisterinnen – noch heute steht eine Zen-Meisterin im Rang unter den Männern. Auch auf die buddhistische Kultur geht er ein, die tägliche Praxis, die Symbolik, und er beschreibt die Vermischung mit daoistischen Gedanken, die Politik des sozialistischen Chinas und die heutige Situation. Dabei versucht er stets, „die Immanenz einer buddhistischen Perspektive mit einer objektivierenden Außensicht zu kombinieren, wohl wissend, dass das Ideal des unabhängigen und wertfreien Forschers mehr Fiktion und Schimäre als Realität ist“. Mit das Beste an seinem Buch ist, dass der Autor all diese differenzierten Darstellungen und Analysen nicht nur leicht verständlich, sondern auch elegant und manchmal sogar ironisch formuliert, sodass das Lesen eine wahre Freude ist. Dieses Buch hat das Zeug, ein Standardwerk zu werden.

Georg Patzer

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