In sich ruhen
Weisheit und Lebenswissen des Zen-Meisters Rinzai
Heft: | 04 | 2025 Heilung |
Verlag: | Patmos |
Jahr: | 2025 |
Preis: | 19 Euro |
Seiten: | 200 |
Rezension
Das neue Buch von Doris Zölls handelt von Meister Rinzai, der im 9. Jahrhundert während der Tang-Dynastie in China lebte. Er leitete einen kleinen Tempel und seine Lehren bilden die Grundlage des Rinzai-Zen, einer Richtung, die heute zu den bedeutendsten Zen-Schulen zählt. Hauptzentren dieser Schule waren und sind die Städte Kyoto und Kamakura. Doris Zölls folgt Rinzais Lebensweg, wobei deutlich zu spüren ist, wie sehr sie den bescheidenen und unbequemen Lehrer schätzt. In der von ihm begründeten Zen-Richtung haben auch scheinbar harte Methoden wie herausfordernde Worte und Stockschläge ihren Platz. Sie sollen nicht verletzen, sondern helfen, die Übenden ganz in den gegenwärtigen Moment zurückzubringen. Ein Schlag, ein provozierendes Wort – die spürt man sofort, ohne Umweg über Gedanken oder Bewertungen. Es entsteht ein Moment des reinen Erlebens, frei von Konzepten, wird durch die Lektüre deutlich.
„Worte sind Ausdruck der Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst“, schreibt Doris Zölls. Oder an anderer Stelle: „Unser Leben lebt sich.“ Es gilt zu begreifen, dass alles im Leben ohne eigenständige Substanz und jede Lebenssituation von vielen verschiedenen Bedingungen abhängig ist. Alles ist mit allem verbunden und wir sind immer eins sind mit dem, was im Moment ist. Wer sich solche Einsichten, wie sie das Buch entfaltet, zu eigen macht, kann lernen, auch in Notsituationen darauf zu vertrauen, dass sich Lösungen eröffnen werden.
Doris Zölls spricht auch hochaktuell darüber, wie die „Informationsflut unseren Geist ständig überflutet und uns in den Wahnsinn treibt“. Rinzais Weisheit könne uns helfen, uns bewusst zu reduzieren. Sie öffnet den Raum für innere Stille, in der wir unseren Geist entspannen. So zu leben und zu praktizieren, eröffnet uns nach und nach den unverstellten Zugang zu den eigenen Quellen, Mitgefühl und innerer Sicherheit.
Am Ende des Buches ist klar, warum Rinzai nach seinem Tod den Namen „Überwältigende Weisheit“ und seine Pagode den Namen „Klarer Geist“ erhalten hat.
Ursula Reinsch