Erwachen zur ökologischen Krise

27. August 2016

Buddhistinnen und Buddhisten müssten sich auch den strukturellen Ursachen der sozialen und ökologischen Krisen stellen, fordert Zen-Lehrer David Loy

Erde im Papierkorb (© terminallychll, CC)

„Persönlicher guter Wille reicht nicht aus“

Buddhistinnen und Buddhisten müssten sich auch den strukturellen Ursachen der sozialen und ökologischen Krisen stellen, fordert Zen-Lehrer David Loy

In einem Aufsatz vom 23. August 2016 in der Online-Ausgabe des Magazins „Lion‘s Roar“, wirft der Zen-Lehrer David Loy die Frage auf, warum es so lange dauere, bis Buddhistinnen und Buddhisten sich der ökologischen Krise stellten. Positiv hob er heraus, dass das Interesse an ökologischen Themen nach Jahren der Gleichgültigkeit in buddhistischen Kreisen in den letzten Jahren angestiegen sei.

Dennoch wurzele die zögerliche buddhistische Reaktion auf drängende aktuelle Probleme möglicherweise in einer tief verwurzelten Zwiespältigkeit im Buddhismus selbst, die dringend geklärt werden müsse, erklärte David Loy. „Ist es das Ziel unserer Praxis, dieser Welt zu entfliehen, oder mit ihr in Harmonie zu leben?“ Der Zen-Lehrer zitierte in diesem Zusammenhang den slowenischen Philosophen und Kulturkritiker Slavoj Žižek, der sich kritisch über den Buddhismus geäußert hat, erlaube dieser doch die volle Teilnahme am „kapitalistischen Spiel mit seinem rasanten Tempo“, während man sich gleichzeitig der Perspektive hingeben könne, nicht wirklich Teil dieses Spektakels zu sein, da es ausschließlich um die Suche nach innerem Frieden gehe. Möglicherweise habe diese Kritik von Slavoj Žižek einen wahren Kern, räumte David Loy ein.

Bodhisattva liefert ein Vorbild

In seinem Diskussionsbeitrag unterstrich der Zen-Lehrer, dass viele Buddhistinnen und Buddhisten in den USA sich mittlerweile aktiv sozial engagierten, beispielsweise in der Hilfe für Häftlinge, der Hospizarbeit oder der Unterstützung von Obdachlosen. „Wir werden besser darin, Leute aus dem Fluss zu ziehen. Aber wir werden nicht viel besser darin zu fragen, warum so viele Menschen in den Fluss fallen.“ Der Grund dafür sei möglicherweise, dass man nicht in der systemkritischen linken Ecke landen wolle und sich lieber auf eine buddhistische Position zurückziehe, die vom politischen Alltagsgeschäft und von Grundsatzdebatten unberührt bleibe. Schaue man jedoch auf den Klimawandel, so reiche persönlicher guter Wille und der Verzicht auf einen zu hohen Energieverbrauch oder ein eigenes Auto nicht aus. „Das Problem ist nicht nur persönlich, es ist strukturell. Es liegt in der Art und Weise, wie unsere gegenwärtigen ökonomischen und politischen Institutionen den Verbrauch fossiler Energieträger und eine generelle Konsumhaltung fördern.“

In seinem Aufsatz untersucht David Loy verschiedene buddhistische Traditionsstränge auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Bereitschaft, sich als Buddhistin und Buddhist tatsächlich aktiv um eine Verbesserung strukturell verbesserungswürdiger sozialer und politischer Umstände zu bemühen. Seine Betrachtungen führen ihn schließlich zu einem „wunderbaren Archetypen“, den der Buddhismus bereithalte – der Figur des Bodhisattvas mit seiner zweifachen Praxis: „Der Bodhisattva dekonstruiert und rekonstruiert sich selbst, während er sich gleichzeitig für sozialen und ökologischen Wandel einsetzt“, so David Loy.Der Diskussionsbeitrag von David Loy ist online und auf Englisch nachzulesen auf den Webseiten des Magazins „Lion‘s Roar“.