Bhikkhu Analayo

Mitgefühl und Leerheit in der früh-buddhistischen Meditation

Heft: 01 | 2021 Gemeinwohl
Verlag:edition steinrich
Ort:Berlin
Jahr:2020
ISBN:978-3-942085-67-0
Preis:30,00 €
Seiten:352
Aus dem Englischen übersetzt von Hedwig Kren und Robert Grosch
Hardcover

Rezension

Mitgefühl und Leerheit sind Aspekte der Lehre des Buddha, die in den späteren buddhistischen Traditionen besonders akzentuiert werden. Dass sich diese Aspekte gerade auch in den frühbuddhistischen Texten leicht finden lassen, zeigte im Jahr 2015 der Ehrwürdige Bhikkhu Analayo mit einem Buch, das nun auf Deutsch erschienen ist.

Das Buch schlägt nicht nur eine Brücke zwischen den buddhistischen Traditionen; es lässt sich auch praktisch anwenden, weil es dem Autor vor allem um die meditative Übung von Mitgefühl und Leerheit geht. Das verwundert nicht, denn er ist selbst ein Vielmeditierer und ein Meditationslehrer, der seine Praxis mit einer außerordentlichen Gelehrsamkeit zu verbinden weiß. Mit dem Ausgangspunkt der Lehrreden des Buddha in den überlieferten frühbuddhistischen Texten und einem Vergleich der Quellen in Pali, Altchinesisch und Tibetisch kommt er der Lehre des historischen Buddha so nah wie möglich.

Während es dem Autor zunächst um die praktische Mitgefühlsentfaltung im Zusammenspiel unter anderem mit tugendhaftem Verhalten und den Vier Edlen Wahrheiten geht, zeigt er dann den Kontext zu den anderen drei Unermesslichkeiten (auch Brahmaviharas – „himmlische“ Geisteszustände genannt), wobei er betont, dass das freundschaftliche Wohlwollen die Grundlage von Mitgefühl ist, auf dem ebenso Mitfreude und Gleichmut aufbauen. Er beschreibt die von Buddha selbst gelehrte Methode des Ausstrahlens des Mitgefühls in alle Richtungen (die Methode, Mitgefühl anhand verschiedener Personen zu üben, entstand erst später) und verbindet sie mit den Sieben Erwachensfaktoren und den Vier Einsichtsthemen – Abgeschiedenheit, Leidenschaftslosigkeit, Enden, Loslassen –, da Mitgefühl (und die anderen Unermesslichkeiten) allein nicht zur Befreiung führt. Bhikkhu Analayo verknüpft das eben beschriebene Ausstrahlen mit der Leerheit und erläutert die von Buddha gelehrte Wahrnehmungsübung der Unendlichkeit des Raums, des unendlichen Bewusstseins, der Nichtsheit und der Zeichenlosigkeit. Er schließt sein Buch mit vier ausführlichen und sehr hilfreichen Praxisunterweisungen (zu Grundlagen, Mitgefühl und den anderen Unermesslichkeiten, Ausstrahlen, Leerheit) sowie eigenen Übersetzungen ab und fügt ein ausführliches Literaturverzeichnis an.

Es gelingt dem Autor eindrucksvoll, sich mit diesem Buch nicht nur an alle buddhistischen Traditionen zu wenden, sondern Leserinnen und Lesern über die Lektüre hinaus auch zur konkreten Übung von Mitgefühl und Leerheit zu motivieren – ein heilsames und wirksames Unterfangen, denn es handelt sich um nichts Geringeres als um einen der vom historischen Buddha überlieferten direkten Weg zur Befreiung, dem Erwachen.

Claus M. H. Gatto

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