Dr. Rick Hanson

Achtsam wie ein Buddha

Mit Meditation und Neurowissenschaft zum wahren Ich

Heft: 02 | 2021 Freude
Verlag:Irisiana Verlag
Ort:München
Jahr:2020
ISBN:978-3-424-15390-3
Preis:20,00 €
Seiten:352
Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Ulrike Kretschmer
Klappenbroschur

Rezension

Wie stellen wir uns Erwachen vor? Ein plötzlicher Rumms und es fällt uns wie Schuppen von den Augen? Auf einmal sieht die Welt ganz anders aus und alles fühlt sich besser und leichter an? Mit seinem Buch „Achtsam wie ein Buddha“ schlägt der US-amerikanische Neurowissenschaftler und Meditationslehrer Rick Hanson eine andere Sichtweise vor: Wir sollten uns das Erwachen eher wie eine wundervolle Reise vorstellen, bei der weniger das Ziel im Vordergrund steht als das freudige Unterwegssein. Stationen dieser Reise könnten laut Hanson sein: zunächst den Geist zu beruhigen, dann das Herz zu erwärmen, in Fülle zu verweilen, Ganzheit zu empfinden, Jetztheit zu empfangen, sich der Allheit zu öffnen und schließlich die Zeitlosigkeit zu entdecken. Jede dieser Stationen erkundet er in einem Kapitel und schlägt entsprechende Meditationsübungen vor.

Die zahlreichen Übungsanleitungen scheinen sich auf den ersten Blick vor allem an Anfängerinnen und Anfänger zu richten, die im Dschungel der Meditationsangebote Orientierung suchen. Aber auch gestandenen Praktizierenden hat das Buch einiges zu bieten. Als Neurowissenschaftler zeigt sich Hanson davon überzeugt, dass wir unsere eigene Entwicklung und Übungspraxis stärken können, wenn wir das Zusammenspiel von Geist und Gehirn besser verstehen. Denn jede Empfindung, jeder Gedanke, jeder Wunsch und jeder Augenblick des Gewahrseins werde von dem drei Pfund schweren Organ namens Gehirn in unserem Kopf geformt. Die Hauptursachen für unser Leiden wurzeln laut Hanson in unserem physischen Körper. Und ebenso die Möglichkeiten, das Leiden zu überwinden. Manchmal sei es empfehlenswert, sich entweder auf den Geist oder auf das Gehirn zu konzentrieren. Da das sinnliche Gewahrsein wie der Geruch einer Zitrone nonverbal funktioniert, beruhige die Konzentration auf Geschmack, Berührung oder Geräusch das innere Geplapper.

Alles in allem also ein kluges Buch. Allerdings mit einem unglücklichen deutschen Titel. In der Originalausgabe heißt es schlicht „Neurodharma“ – das trifft genau, was der Autor seinen Leserinnen und Lesern vermitteln will. „Achtsam wie ein Buddha – Mit Meditation und Neurowissenschaft zum wahren Ich“ führt in die Irre. Denn das Ich ist unbeständig, zusammengesetzt, abhängig und deshalb „leer“, wie Hanson mehrfach ausführt. Und schade auch, dass unterwegs irgendwann die Fußnoten verloren gegangen sind. Der ausführliche Anmerkungsapparat verliert dadurch seine Funktion.

Michael Schornstheimer

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