Hellmuth Hecker – Ein Nachruf

31. Januar 2017

Am 7. Januar 2017 starb der bedeutende deutsche Interpret des Theravada-Buddhismus und Übersetzer aus dem Pali-Kanon Hellmuth Hecker. Oder besser: Er verließ den Körper, den er am 12.10.1923 in Hamburg ergriffen hatte und der nach 93 Jahren gebrechlich und eine große Last geworden war. Ein Nachruf von Alfred Weil.

Hellmuth Hecker | © Privat

Hellmuth Heckers Eltern sind evangelisch-lutherisch, aber keineswegs religiös. Dennoch wird er getauft und konfirmiert. In den frühen Schuljahren inspirieren ihn die biblischen Geschichten ebenso wie ihn der spätere Religionsunterricht auf dem Gymnasium verunsichert. Was soll er vom Christentum, was von Religion überhaupt halten? Als Heranwachsender ist er überaus vielseitig orientiert. Er verschlingt, was über Geschichte, Politik und Philosophie sowie an belletristischer Literatur zu finden ist.
Dass er später Jura als Studienfach wählt, wird sein künftiges Leben in doppelter Weise prägen. Zum einen, weil seine berufliche Tätigkeit intensive und akribische geistige Tätigkeit bedeutet. Als Privatdozent am „Institut für Internationale Angelegenheiten“ der Universität Hamburg forscht er insbesondere über ausländisches Verfassungs- und Staatsangehörigkeitsrecht. Mit seinen Fachpublikationen macht er sich einen Namen. Zum anderen beginnt während seiner Studienzeit eine lebenslange Freundschaft mit Fritz Schäfer. Er ist es, der im November 1945 den entscheidenden Kontakt mit Paul Debes vermittelt – der großen buddhistischen Persönlichkeit der Nachkriegszeit. Das Ende des Naziregimes hat verunsicherte Menschen zurückgelassen. Neuorientierung und sinnstiftende Antworten sind gefragt – nicht zuletzt religiöse.
So entschließt sich Hecker, probeweise seine Fühler auch in dieser Richtung auszustrecken. Und bald stellt er im engen Austausch mit Paul Debes überrascht fest: Religionen erschöpfen sich nicht in scholastisch-theologischen oder dogmatisch-spekulativen Systemen. Sie verfügen auch über tiefe Erfahrungen hinsichtlich der (menschlichen) Psyche und zeigen gangbare Wege zu innerem Wachstum. Die Lehren des Erwachten sogar in umfassender Weise und mit wissenschaftlicher Exaktheit.

Die Lehrreden des Buddha immer tiefer durchdringen

Daher fühlt sich Hecker ab 1948 als „Buddhist“, und eine nahezu 70 Jahre währende Nachfolge und produktive Beschäftigung mit dem Dhamma ist vorgezeichnet. Die Lehrreden des Palikanon sind ihm stets letzte Autorität. Sie immer tiefer zu durchdringen und das gewonnene Wissen an andere weiterzugeben, wird zu seiner wichtigsten Beschäftigung. Sie bringt ihm auch einen internationalen Ruf. Schon vor dem Frühstück sitzt er an seiner Reiseschreibmaschine, die er nie gegen einen Computer tauscht. Zahlreiche Bücher und eine Vielzahl von Beiträgen in Zeitschriften entstehen. Er übersetzt aus dem Pali. Über Jahrzehnte ist er Mitarbeiter des Buddhistischen Seminars bzw. der Zeitschrift „Wissen & Wandel“. Er gibt Seminare, hält Vorträge und betreut lange den „Dienstagskreis“ bei sich zu Hause. Zeitweise ist er im Rat der DBU tätig, kümmert sich um die Bibliothek der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg usw. Für all das bleiben Dankesworte mehr als ungenügend.
Gegen Ende seines Lebens erfährt Dr. Hellmuth Hecker schmerzlich seine Stärke als seine Schwäche. Das Alter mit seinen zunehmenden Einschränkungen lässt die vertrauten intellektuellen Tätigkeiten immer weniger zu. Er, der sich eigentlich als ein Gemütsmensch sieht, fragt sich, ob hier nicht mehr zu tun gewesen wäre. Die Ziele der von ihm so geschätzten Mystiker – Friede des Herzens und Stille des Gemüts – sind ihm (noch) nicht im gewünschten Maß zuteil geworden. Aber er ist zielstrebig auf dem Weg dahin.

Alfred Weil
Ehrenrat der Deutschen Buddhistischen Union – Buddhistische Religionsgemeinschaft (DBU)