Miguel Farias, Catherine Wikholm

The Buddha Pill

Can Meditation Actually Change You?

Heft: 02 | 2016 Hoffnung und Furcht
Verlag:Watkins Publishing
Ort:London, England
Jahr:2015
ISBN:978-1780287188
Preis:14,28 €
Seiten:276
Paperback

Rezension

Meditation ist eine anerkannte Möglichkeit der Entspannung. Sie war und bleibt Gegenstand intensiver Untersuchungen im Rahmen der Gehirnforschung, wird über das Achtsamkeitstraining als therapeutische Maßnahme popularisiert und gilt – nicht zuletzt in buddhistischen Kreisen – als Königsweg zur Erleuchtung. Ein Allheilmittel, ohne Risiken und Nebenwirkungen, im Managementtraining an einem Nachmittag erlernbar? Nein, sagen Miguel Farias und Catherine Wikholm in ihrem bisher nur auf Englisch erschienenen Buch „The Buddha Pill: Can Meditation Actually Change You?“. Beide sind verlässlich und qualifi ziert: Miguel Farias untersucht als Professor der Universität Coventry die biologischen Grundlagen und psychologischen Auswirkungen von Glaubenssystemen und spirituellen Praktiken. Catherine Wikholm lehrte Philosophie und Theologie in Oxford, hat ihre Qualifi kation durch eine Promotion in klinischer Psychologie erweitert und zuletzt zum Einsatz von Yoga und Meditation in Gefängnissen geforscht.

Beste Voraussetzungen für die Klärung der Frage: Wie wirkt Meditation tatsächlich? Die Autoren trennen Wunsch von Wirklichkeit: Anhand eigener Untersuchungen, einer neuen Auswertung bereits vorliegender statistischer Ergebnisse zum Thema sowie Gesprächen mit erfahrenen Lehrenden unterschiedlicher Traditionen beurteilen sie die Möglichkeiten, den Nutzen, aber auch die Grenzen und Gefahren meditativer Praxis. Die Auswertung erscheint ernüchternd: Manches überschwänglich begrüßte Forschungsergebnis verliert an Glanz, sobald man die Versuchsanordnung ändert. Zeigen nahezu alle meditativen Praktiken bei den jeweiligen Praktizierenden wesentliche Verbesserungen der Gehirnleistungen oder der Stressresilienz im Vergleich zu Gruppen ohne jegliche solche Aktivitäten, verändert sich das Bild signifi kant, wenn die Vergleichsgruppe etwa aus aktiven Freizeitsportlern besteht. Ein sehr wesentlicher Teil des Buches beschäftigt sich mit möglichen Folgen von Meditation. Als Eingriff ins Gehirn ist diese zweifelsfrei mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Selbst Hakuin Enkaku, der große Rinzai-Lehrer, hat solche negativen Erfahrungen gemacht, die er „Zen-Krankheit“ nennt. Beim spanischen Mystiker Johannes vom Kreuz heißen sie „dunkle Nacht der Seele“. Nicht ohne Grund wurde vor einiger Zeit von einer buddhistischen Gruppe in den Vereinigten Staaten das Cheetah House eröffnet, ein therapeutisch-wissenschaftliches Zentrum, das sich mit traumatisierenden Meditationserfahrungen beschäftigt.

Das Buch „The Buddha Pill“ ist allerdings zu keinem Zeitpunkt in Gefahr, bei der Beschreibung von überzogenen Verheißungen, verfehltem Training oder falschen Hoffnungen stehen zu bleiben und auf eine multimediale Propagandamaschine Pro mit einer undifferenzierten Fundamentalkritik Contra zu reagieren. Wie die Autoren vorgehen? Wird nicht verraten, um die Lektüre spannend zu halten. Nur so viel: Am Ende der Lektüre dieses Buches überrascht ein ungewöhnlich frischer Blick auf die drei Schätze Buddha–Dharma–Sangha. Allein das lohnt die – englische – Lektüre.

Eberhard Kügler

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